Wer gilt rechtlich als Landwirt?
Anders als bei gewerblichen Unternehmen, bei denen in der Regel die Gewerbeanmeldung
als Kriterium für das Vorliegen eines gewerblichen Betriebes heranzuziehen ist, gibt es für
land- und forstwirtschaftliche Betriebe keine einheitliche Definition. Dem gemäß definieren die
Gesetze die Land- und Forstwirtschaft je nach Anknüpfungspunkt unterschiedlich. Der gleiche
Sachverhalt kann daher in einem Rechtsbereich als Landwirtschaft gelten, in einem anderen
aber nicht.
Steuerrecht
Das Steuerrecht knüpft üblicherweise an das Bestehen eines land- und forstwirtschaftlichen
Vermögens an, das als solches im Einheitswertbescheid ausgewiesen ist. Zum land- und
forstwirtschaftlichen Vermögen gehören alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dauernd
einem land- oder forstwirtschaftlichen Hauptzweck dienen.
Einkommensteuerrechtlich gibt es allerdings in Ausnahmefällen auch das Phänomen, dass
an sich landwirtschaftliche Tätigkeiten als gewerbliche Tätigkeiten eingestuft werden (z.B.
Intensivtierhaltung ohne entsprechende Flächenausstattung).
Sozialversicherungsrecht
Das bäuerliche Sozialversicherungsgesetz normiert bestimmte Mindesthöhen des land- und
forstwirtschaftlichen Einheitswertes, die eine Versicherungspflicht nach den Bestimmungen
des BSVG begründen: Üblicherweise besteht bei einem land- und forstwirtschaftlichen Einheitswert
von mindestens € 150,- Versicherungspflicht in der Unfallversicherung und bei
einem Einheitswert von mindestens € 1.500,- auch Versicherungspflicht in der Pensions-und
Krankenversicherung.
Gewerberecht
Die Gewerbeordnung knüpft nicht an bestimmte Mindestgrößen an: Gewerberechtlich wird
unter Land- und Forstwirtschaft unabhängig von der Betriebsgröße die Hervorbringung und
Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte (inkl. bestimmter Handelsbefugnisse
mit pflanzenbaulichen Urprodukten), das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästungoder Gewinnung tierischer Erzeugnisse und Jagd und Fischerei verstanden. Gewerberechtlich
ist somit auch der Anbau von Erdäpfeln auf wenigen Quadratmetern oder das Mästen
von 10 Hühnern für den anschließenden Verkauf landwirtschaftliche Urproduktion.
Mitgliedschaft zur Landwirtschaftskammer
Als Mitglied der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich gelten unter anderem Personen, die Eigentümer
oder Bewirtschafter von in Oberösterreich gelegenen land- und forstwirtschaftlichen
Grundstücken mit einer Größe von mindestens 2 ha sind. Somit ist auch jemand, der seine
landwirtschaftlichen Flächen oder seinen Wald verpachtet hat und nicht selbst bewirtschaftet,
Mitglied der Landwirtschaftskammer für Oberösterreich.
Agrarstatistik, agrarische Förderungen
Die Agrarstatistik erfasst je nach Gegenstand landwirtschaftliche Betriebe ab Untergrenzen
von wenigen 1.000 m2 bis zu Untergrenzen von mehreren Hektar. Auch im Förderungsrecht
existieren unterschiedliche Untergrenzen für die Inanspruchnahme agrarischer Förderungen
oder Ausgleichszahlungen. Die landwirtschaftliche Betriebsnummer wird von der Statistik
Austria im Wege der Bezirksbauernkammern den jeweiligen Bewirtschaftern landwirtschaftlicher
Betriebe zugeteilt.
Grundverkehrsrecht
Auch die Regelungen des grünen Grundverkehrs über die Genehmigungsvoraussetzungen
beim Ankauf von land- oder forstwirtschaftlichen Flächen in Oberösterreich enthalten keine
exakte Definition. Das Kriterium der "ordnungsgemäßen Selbstbewirtschaftung“ bei einem
Ankauf von land- oder forstwirtschaftlichen Flächen nimmt die fachliche Qualifikation jedenfalls dann als gegeben an, wenn der Käufer über eine land- oder forstwirtschaftliche Schul- beziehungsweise
Berufsausbildung verfügt oder eine mindestens zweijährige praktische Tätigkeit in der
Land- oder Forstwirtschaft aufweist.
Bau- und Raumordnungsrecht
Manche Anfragen zur Landwirtseigenschaft betreffen Bau- und Raumordnungsfragen: Das
Raumordnungsgesetz kennt keine fixe Grenze, wenn es um die Zulässigkeit der Errichtung
von Bauten im Grünland geht: Gemäß § 30 des Oö. Raumordnungsgesetzes dürfen im
Grünland solche Bauten errichtet werden, die nötig sind, um das Grünland bestimmungsgemäß
zu nutzen. Ob diese Notwendigkeit im Einzelfall gegeben ist, wird im Zuge des Bauverfahrens
durch ein agrartechnisches Sachverständigengutachten geklärt. Bei Stallungen, Maschinenhallen
etc. für einen bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb wird dies zumeist zutreffen,
nicht aber dann, wenn ein Bauwerber der Behörde glaubhaft machen will, dass er auf
einem wenige 1.000 m2 großen Grundstück Schafzucht mit 5 Schafen betreiben will und dazu
die Errichtung eines villenartigen Wohngebäudes in wunderschöner Lage erforderlich sei.