Erzeugergemeinschaft VLV feiert 2.500. Schweinebörse
Dabei kamen 537 Mastschweine von 24 Mästern unter den Hammer. 2.500 Wochen
später, am 12. Juni 2024, wechselten 15.500 Schlachtschweine an der Börse in Linz
den Besitzer. In Summe wurden bis dato ganze 25 Mio. Stück Schweine vermarktet.
Die verrechneten ca. 2,3 Mio. t Schlachtkörper erzielten dabei einen Markterlös von gut 5 Mrd. Euro, welche sicher an die Mitglieder ausbezahlt wurden.
Gegen heftigen Widerstand der Schweinehändler und Schlachtbetriebe gelang es in
den 1970er Jahren Dr. Mader und Obm. ÖR Friedwagner, die Börse zu etablieren
und binnen zehn Jahren die Zahl der aktiven Mitglieder auf 800 zu steigern. Das Motto
lautete "Gemeinsam und nicht einsam" und es gelang, die bis dahin intransparente Vermarktungslandschaft zu objektivieren, die Marktposition der Bäuerinnen und Bauern zu stärken und faire Vermarktungsregeln einzuführen.
Vor dem Börsenzeitalter wurden die Schlachttiere ausschließlich nach Lebendge
wicht gehandelt und eine Bezahlung nach Qualitätskriterien war praktisch unmöglich.
Um Schlachtschweine börsenfähig zu machen, musste die sogenannte Totvermarktung eingeführt werden. Die Schlachtkörper wurden zu Beginn nach dem Lendenspiegelquotientenverfahren (LSQ) in die Handelsklassen EE, E, E1 und E2 eingeteilt
und nach den damaligen Zurichtungsnormen verwogen und von der Börse im Auftrag
der Bäuerinnen und Bauern abgerechnet.
Die Grundprinzipien existieren bis zum heutigen Tag, allerdings wurden sie im Laufe
der Jahrzehnte weiterentwickelt und präzisiert. Speziell die Jahre um den EU-Beitritt
waren sehr herausfordernd. Bei der Klassifizierung musste von LSQ auf Muskelfleischprozente (MFA) umgestellt werden, was auch eine Klasseneinteilung nach
dem EUROP-Modell zur Folge hatte. Die EU-Zurichtungsnorm der Schlachtkörper,
die unabhängige Klassifizierung, Verwiegung und Protokollierung musste gesetzlich
geregelt werden, was bis zum heutigen Tag die Basis einer transparenten, unabhängigen und korrekten Vermarktung darstellt. Bei all diesen Veränderungen waren unzählige Berechnungen erforderlich, damit die Interessen der Landwirtschaft nicht zu
kurz kamen. Und neben den objektiven Schlachtdaten war die Entwicklung der sogenannten EURO-Preismaske, d. h. Qualitätszuschläge für MFA-Prozent, eine besondere Herausforderung.
Während bis zum EU-Beitritt die Schweineerzeugergemeinschaften in der VLV, Gut
Streitdorf (NÖ) und Styriabrid (Stmk.) ihr Eigenleben führten und sich daher einen oft
zweifelhaften innerösterreichischen Wettbewerb lieferten, war bei EU-Beitritt den verantwortlichen Funktionären klar, dass man unter Binnenmarktverhältnissen mit einer
Sprache am Markt auftreten muss, um am EU-Markt nicht unter die Räder zu kommen. Demzufolge gründete man Anfang 1995 die Österreichische Schweinebörse, in
welcher die drei angeführten Erzeugerorganisationen bis zum heutigen Tag, koordiniert von VLV-Geschäftsführer Dr. Johann Schlederer, erfolgreich zusammenarbeiten.
Während bis zum EU-Beitritt der Schweinezyklus mit seinen 2-jährigen Auf- und Abschwankungen zwischen umgerechnet 1,56 Euro und 1,93 Euro schwankte und im
Mittel einen Basispreis von 1,71 Euro ergab, waren es nach EU-Beitritt primär außerordentliche Ereignisse, die die Preiskurve zwischen den Extremwerten von 0,73 Euro
und 2,22 Euro hin- und herpendeln ließen. Beispielhaft dafür sei die klassische
Schweinepest in Holland im Jahr 1996 und 1997 erwähnt, welche das EU-Schweinefleisch verknappen und verteuern ließ. Der BSE-Rinderwahn, der zu einem Schweinefleisch-Konsum-Boom führte oder zuletzt der russische Angriffskrieg in der Ukraine, der wegen der Rohstoffverteuerung zu allzeithohen Schweinepreisen führte. Den
allzeit tiefsten Schweinepreis mit Basispreis 0,73 Euro verzeichnete man 1999 infolge der Überproduktion, welche durch die Höchstpreise 1996 und 1997 induziert
wurde. Vergleicht man die Jahrespreismittelwerte vor und nach der EU, so stehen
sich 1,71 Euro zu 1,39 Euro gegenüber.
Nicht nur preisliche Turbulenzen prägten die 50 Jahre Schweinebörse, die Geschäfte
waren u.a. von mehr oder weniger umfangreichen Insolvenzen geprägt. Neben
Schlacht- und Handelsunternehmen, die offene Rechnungen hinterließen, verabschiedeten sich auch unzählige Abnehmer ohne Insolvenzantrag aus der Branche.
So zählte die Abnehmerschaft der VLV-Schweinebörse um den Jahrtausendwechsel
knappe 60 Betriebe, während die Geschäfte heute mit ca. 30 Betrieben abgewickelt
werden.
Mit einem Marktanteil von gut 50% hat man sich in der heimischen Fleischwirtschaft
den nötigen Respekt verschafft, sodass man auf Augenhöhe mit den Abnehmern
verhandeln kann. In kaum einer anderen agrarischen Sparte ist Vergleichbares gelungen. Auch im internationalen Vergleich findet unser Modell große Beachtung, da
man in den Preisrankings auf EU-Ebene immer ganz vorne vertreten ist. Daher
wünscht man sich zum Jubiläum, dass weitere Mästerinnen und Mäster zum Mitmachen animiert werden und den gemeinsamen Marktauftritt stärken.