land & leben
Nährstoffreich: Kapseln, Pulver oder doch lieber ein Schnitzel ?
Nahrungsergänzungsmittel gehören in Österreichs Haushalten längst zum Alltag. Doch welche Nährstoffe
enthalten sie und geht das nicht auch anders?
Laut Statistik Austria (2021)
greifen 31 Prozent regelmäßig,
27 Prozent gelegentlich und 31
Prozent gar nicht zu solchen
Produkten. Besonders gefragt
sind Vitamine, gefolgt von Mineralstoffen,
Proteinen, Antioxidantien
und Kombi präparaten.
Magnesium gegen Krämpfe,
Vitamin A für die Augen –
immer öfter werden Lebensmittel
auf einzelne Nährstoffe
reduziert und diese als Tablette
oder Pulver vermarktet.
Fehlt da nicht etwas?
Lebensmittel sind mehr als die
Summe ihrer Nährstoffe. Ihre
sogenannte Matrix – die Struktur
aus verschiedenen Bestandteilen
– beeinflusst, wie Nährstoffe
aufgenommen und verwertet
werden. In natürlichen
Lebensmitteln sind die Stoffe
bewusst in einem bestimmten
Zusammenspiel vorhanden.
Ob gebunden, isoliert oder
gelöst – ihre Wirkung unterscheidet
sich je nach Form und
Kombination.
Es wirken nicht nur einzelne
Substanzen für sich. Nicht nur
Kalzium macht Milch wertvoll
– auch Laktose unterstützt die
Kalziumaufnahme. Vollkornprodukte
verdanken ihren Wert
nicht allein den Ballaststoffen,
sondern dem Gesamtpaket.
Gesättigte Fettsäuren wurden
lange mit einem erhöhten
Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
assoziiert, da sie
das LDL-Cholesterin erhöhen.
Vor allem Vollfett- Milchprodukte
galten als bedenklich.
Diese Einschätzung basierte
auf dem damaligen Wissensstand.
Neue Studien zur Wirkung
der Lebensmittelmatrix
zeigen jedoch: Ein erhöhtes
Risiko lässt sich nicht nachweisen
– teilweise sogar ein
umgekehrter Zusammenhang
(Elwood 2010, Gibson 2009,
Patterson 2013, Abreu 2014,
Bel-Serrat 2013).
Ein weiteres Beispiel ist der
Fruchtzucker. Während er im
Apfel in eine natürliche Struktur
aus Vitaminen, Mineralstoffen,
Ballaststoffen und sekundären
Pflanzenstoffen eingebettet
ist, steckt er in industriellen
Produkten oft als hochkonzentrierter
Fruktose-Sirup
– isoliert und meist in Süßwaren
zu finden.
Und: Nach ein bis zwei Äpfeln
sind wir satt. Diese natürliche
Sättigung schützt uns.
Tabletten kann man viele
schlucken, ohne dass der Körper
ein Warnsignal gibt. So verhindert
die Struktur eines Lebensmittels
eine übermäßige
Aufnahme einzelner Stoffe.
Natürliche Lebensmittel haben es in sich
Viele Gesundheitsaussagen basieren
noch immer auf isolierten
Nährstoffen, ohne deren
Einbettung in die Lebensmittelmatrix
zu berücksichtigen.
Dabei verändert schon die Verarbeitung
eines Lebensmittels
nicht nur dessen Zusammensetzung,
sondern auch seine
Wirkung. Nährstoffe entfalten
ihre Wirkung im Zusammenspiel
mit ihrer natürlichen Umgebung.
Darum sollten wir künftig
nicht nur vom gesunden Betacarotin
sprechen, sondern
von der gesunden Karotte. Und
nicht nur vom wertvollen Eiweiß
– sondern vom wertvollen
Stück Fleisch.