Ohrwurm (Forficula auricularia) als natürlicher Gegenspieler des Birnblattsaugers
Adulte Weibchen überwintern in den obersten Bodenschichten, meist wenige Zentimeter unter der Oberfläche. Im zeitigen Frühjahr legen sie in Nestern im Boden ihre Eier ab. Nach dem Schlupf durchlaufen die Jungtiere eine kurze Entwicklungsphase und wandern ab der zweiten Maihälfte in die Baumkronen. Dort verstecken sie sich tagsüber in Ritzen, unter der Rinde oder an anderen geschützten Plätzen und zeigen eine überwiegend nachtaktive Lebensweise. Den gesamten Sommer über verbleiben sie am Baum, bevor die Weibchen ab Ende September wieder in den Boden zurückkehren, um dort zu überwintern.
Ohrwürmer sind opportunistische Nahrungssucher mit breitem Beutespektrum und fressen sowohl Birnblattsauger als auch Blattläuse, wodurch sie den Schädlingsbefall deutlich reduzieren können. Aufgrund ihrer späten Aufwanderung greifen sie jedoch erst verzögert in die Population ein, sodass sie eine frühzeitige Schädlingsbekämpfung in den meisten Jahren nicht ersetzen können. Dennoch leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Regulierung von Spätbefall und verbessern damit die Ausgangslage für das Folgejahr.
Die Förderung der Ohrwurmpopulation kann durch gezielte Bereitstellung von Unterschlupfen erfolgen. Besonders geeignet sind verkehrt aufgehängte Blumentöpfe, gefüllt mit Holzwolle, oder 15 bis 20 cm lange, gebündelte Bambusstäbe. Diese Behausungen schützen die Tiere vor Fressfeinden und fördern die Population in der Baumkrone.
Ein weiterer Vorteil des Ohrwurms als Nützling ist seine relative Robustheit gegenüber Pflanzenschutzmitteln, wodurch er auch in konventionellen Anbausystemen wirksam bleibt.
Ein sehr hoher Ohrwurmbesatz kann zur Verschmutzung der Früchte in Stielgruben oder zwischen eng stehenden Früchten führen. Dieses Problem lässt sich im bedeutenden Ausmaß durch ausreichend bereitgestellte Unterschlupfmöglichkeiten reduzieren. Der Ohrwurm wird auch häufig für zahlreiche Fraßstellen an den Früchten verantwortlich gemacht. Untersuchungen belegen, dass gesunde Früchte vom Ohrwurm nicht angefressen werden. Häufig sind es jedoch vorherige Beschädigungen, wie Insektenstiche oder Risse in der Schale, wo der Orwurm dann seinen Fraß beginnt. Bedeutende Ernteausfälle sind diesbezüglich besonders bei Steinobst zu beobachten.
Für eine effektive Förderung von Ohrwürmern sollten im Frühjahr geeignete Unterschlupfmöglichkeiten, wie hängende Holzwolle-Töpfe oder gebündelte Bambusstäbe, in den Baumkronen bereitgestellt werden. Gemeinsam mit anderen Nützlingen wie Marienkäfern, Blumenwanzen und Blutlauszehrwespen können so bedeutende Erfolge bei der Regulierung von Birnblattsaugern, Blattläusen und Blutläusen erzielt werden. Da sich Nützlinge jedoch von Jahr zu Jahr unterschiedlich schnell und stark entwickeln, bieten sie keinen vollständigen Schutz vor Schädlingsbefall. Deshalb sind ergänzend zur Nützlingsförderung auch regelmäßige Kontrollen der Obstbestände erforderlich und bei Bedarf sollte durch den gezielten Einsatz von Pflanzenschutzmitteln die Schädlingspopulation unter die Schadensschwelle gedrückt werden.