Landwirtschaft steht vor vielen Herausforderungen

Gute Besucherzahlen auf der Messe und ein verstärkter Investitionswille der Landwirtschaft können nicht darüber
hinwegtäuschen, dass diese vor komplexen Herausforderungen steht. Präsident Waldenberger: „Wir haben in Oberösterreich günstige Produktionsvoraussetzungen und werden alles tun, um die Zukunft der Landwirtschaft zu sichern.“
Bei der Eröffnung der Rieder
Messe war sich die Agrarpoli
tik einig, wie wichtig Messen
als Impulsgeber sind. „Mes
sen geben Mut und Zuversicht
und bringen Motivation für
die Zukunft“, betonte Land
wirtschaftsminister Norbert
Totschnig und er ergänzte:
„Aktuell haben wir eine Kon
junkturaufhellung. Was wir
jetzt brauchen sind Investiti
onen“. Totschnig versicherte,
dass hier von Regierungsseite
nicht gespart werden soll. Bun
deskanzler Christian Stocker
hob in seiner Rede vor allem
die Bedeutung des Messestand
ortes Ried hervor, nicht nur als
Landtechnik-Messe, sondern
auch als Diskussionsforum für
agrarpolitische Fragen.
Agrar-Landesrätin Michae
la Langer-Weninger erläuter
te, dass die Stimmung in der
Jugend, was die Zukunft der
Landwirtschaft anbelangt,
durchaus gut sei: „Die land
wirtschaftlichen Schulen sind
voll, das Interesse ist groß.“
In dasselbe Horn stieß auch
LK Österreich-Präsident Jo
sef Moosbrugger: „Das Positi
ve ist, dass es eine sehr moti
vierte bäuerliche Jugend gibt,
die mit Herzblut bei der Sache
ist. Diese Jugend braucht Pla
nungssicherheit – und da müs
sen wir uns auf die EU verlas
sen können und uns nicht alle
zwei Jahre um Mittel aus dem
Finanztopf bemühen müssen.“
Herausforderungen in der
Landwirtschaft sind z. B. die
Verhandlungen über den Mehr
jährigen EU-Finanzrahmen
(MFR), die EU-Renaturierungs
verordnung oder auch niedri
ge Erlöse für landwirtschaftli
che Produkte. Dazu kommen
noch die EU-Entwaldungsver
ordnung oder auch die EU
Industrie emissionrichtlinie.
Das alles geht einher mit ho
hen Betriebsmittelpreisen wie
etwa für Dünger.
Der Green Deal verfolgt das
Ziel, die EU bis 2050 klimaneu
tral zu machen, doch dessen
Umsetzung birgt einen Zwie
spalt zwischen ökologischen
Anforderungen und dem wirt
schaftlichen Überleben der
Landwirtschaft. Die Renaturie
rungsverordnung wird mögli
cherweise für die Bäuerinnen
und Bauern noch zusätzliche
Bewirtschaftungsauflagen mit
sich bringen. „Diese Wider
sprüchlichkeiten verdeutli
chen die Notwendigkeit einer
ausbalancierten Agrarpolitik,
die sowohl Umweltziele als
auch die Interessen der euro
päischen und österreichischen
Landwirtschaft berücksich
tigt“, sind sich Agrar-Landes
rätin Michaela Langer-Wenin
ger und der Präsident der LK
OÖ, Franz Waldenberger, einig.
Der heuer im Juli präsentier
te Vorschlag der EU-Kommissi
on zum Mehrjährigen Finanz
rahmen 2028 bis 2034 bedroht
die kleinstrukturierte österrei
chische Landwirtschaft. Ös
terreichische Sonderetats wie
das ÖPUL-Programm und die
Bergbauern-Ausgleichszulage
sind dadurch akut gefährdet.
Langer-Weninger erläutert:
„Der EU-Agrarhaushalt soll um
22 Prozent, das sind rund 85
Mio. Euro, gekürzt werden. An
Aktuelle Themen und Herausforderungen in der Landwirtschaft wurden bei
einer Pressekonferenz auf der Rieder Messe von (v.l.) der Vorsitzenden des
Bäuerinnen-Ausschusses ÖR Johanna Haider, Agrar-Landesrätin Michaela
Langer-Weninger, LK OÖ-Präsident Franz Waldenberger und BB-Direktor
Wolfgang Wallner thematisiert.
LK OÖ
statt drohender bugetärer Kür
zungen benötigt die Landwirt
schaft zusätzliche Mittel.“
Hohe Preise: schuld sind nicht die Bauern
Zur Lebensmittelpreis-Diskussion meint Langer-Weninger,
dass die hohen Preise nicht
am Feld oder im Stall entstehen. „Von 100 Euro, die Konsumentinnen und Konsumenten für Lebensmittel ausgeben,
bleiben nur rund vier Euro in
der Landwirtschaft. Der Rest
verteilt sich auf Handel, Verarbeitung und Gastronomie“,
betont Langer-Weninger. Ein
zentrales Problem sei der Mangel an Preistransparenz. So er
halten die Landwirte bei Brot
weniger als zehn Prozent des
Verkaufspreises. „Daher ist es
wichtiger, die Margen entlang
der Wertschöpfungskette offen zu legen, anstatt Preisobergrenzen einzuführen“, ist Langer-Weninger überzeugt und
ergänzt: „Es sind Energiepreise, globale Marktschwankungen
und Wetterereignisse, die Preisschwankungen verursachen.“
Auch Präsident Moosbrugger
ist für mehr Transparenz entlang der Wertschöpfungskette,
um die wahren Preistreiber aufzuzeigen.
Bei der Renaturierungsverordnung pocht Langer-Weninger darauf, dass die Politik mit
den „Hauptbetroffenen, und
das sind die Bäuerinnen und
Bauern, gemeinsam Lösungen
finden muss“. Außerdem sei die
Finanzierung der angedachten
Renaturierungs-Maßnahmen
ungewiss. Angesichts der von
der EU-Kommission geplanten
Kürzungen im Mehrjährigen
Finanzrahmen für die Landwirtschaft darf EU-Agrargeld
keinesfalls für solche Zwecke
verwendet werden. „Wir brauchen hier zusätzliche und dauerhafte öffentliche Gelder“,
fordert Langer-Weninger.
Kritik an Entwaldungsverordnung
Die 2023 eingeführte EU-Entwaldungsverordnung (EUDR)
stößt auf heftige Kritik. Sie wur
de verschoben und tritt für gro
ße und mittlere Unternehmen
am 30. Dezember 2025 und für
kleine und Kleinstunterneh
men am 30. Juni 2026 in Kraft.
Allein in Österreich sind rund
200.000 Marktteilnehmer be
troffen, darunter etwa 60.000
Rinderhalter. „Die EU-Kom
mission bewertet nahezu alle
Länder undifferenziert, was
Tropenwaldabholzung nicht
verhindert, aber große Büro
kratie für Holz, Soja und Rind
f
leisch innerhalb der EU ent
lang der Wertschöpfungsket
ten schafft. Dabei wächst Ös
terreichs Waldfläche kontinu
ierlich“, erklärt Waldenberger.
Die Landwirtschaftskammer
OÖ fordert die Einführung ei
ner vierten Risikokategorie für
Länder mit „vernachlässigba
rem Risiko“, denn das Forst
gesetz garantiert bereits, dass in Österreich keine Rodungen
bzw. Entwaldungen im Sinne
der EU-Entwaldungsverord
nung durchgeführt werden
dürfen. Österreichs Waldwirt
schaft ist seit vielen Jahrzehn
ten nachhaltig. „Wir brauchen
diese Nullrisiko-Kategorie, um
unnötige Lasten zu ersparen“,
fordert Waldenberger.
Weiters zeigt Waldenber
ger auf, dass die EU-Industrie
emissionsrichtlinie (IED) bäu
erliche Familienbetriebe aus
der Produktion drängen wür
de. Diese beinhaltet niedrige
re Grenzwerte für Großvieh
einheiten und betrifft künftig
nicht mehr nur die Schwer
industrie, sondern auch
Schweine- und Geflügelhalter.
Bis Juli 2026 muss die IDE in
das Umweltschutzrecht von
OÖ integriert werden. In OÖ
wären mehrere hundert Betrie
be betroffen. In der Schweine
haltung entspricht dies rund
ein Viertel der Produktion, in
der Geflügelhaltung und Eier
produktion etwa 35 bis 40 Pro
zent, bei der Putenmast sogar
mehr als 50 Prozent und bei
Masthühnern rund 20 Prozent.
Waldenberger äußert hefti
ge Kritik an der Entscheidung,
landwirtschaftliche Betriebe
mit Industrieanlagen gleichzu
setzen. Durch die IED werden
die Genehmigung und der Bau
neuer Stallungen zu einem jah
relangen langwierigen büro
kratischen Hindernis mit ho
hen Kosten: „Um einen Investi
tionsstopp bei Stallneubauten
zu verhindern, fordere ich den
EU-Agrar-Kommissar Christo
phe Hansen dringend auf, im
für den Herbst angekündigen
Omnibus-Paket die Schwellen
werte für die Nutztierhaltung
deutlich anzuheben.“
Lebensmittelwissen forcieren
Die Vorsitzende des Bäuerinnen-Ausschusses in der LK
OÖ, Johanna Haider, stellte die
Wissensbroschüre „Einfach er
klärt: Entdecke die heimische
Landwirtschaft“ vor. Diese
wurde neu aufgelegt und dient
als Lehrmittel. „Ich fordere
eine verpflichtende Integration der Themen Lebensmittelproduktion und Ernährung im
Unterricht in den ersten sechs
Schulstufen. Weiters sollten
Experten aus Land- und Forstwirtschaft in die Schulbuchkommission eingebunden wer
den“, wünscht sich Haider.
Denn in Schulbüchern finden
sich über die Landwirtschaft
meist nur sehr knappe oder lückenhafte Informationen.