Ein freundlicher Gruß, ein kurzer Blick beim Vorbeigehen auf die Behandlung von ein, zwei Kühen im Klauenstand. Vielleicht noch Bewunderung über die rasante Klauenscheibe sowie Lob für die Dokumentation der Behandlung und dann widmet sich der Tierarzt seinen üblichen Aufgaben. Darauf beschränkt sich in vielen Landwirtschaftlichen Betrieben der Kontakt zwischen Klauenpflegern und betreuenden Tierärzten.
Dabei wäre die beste Voraussetzung für eine gute Klauengesundheit auf den Betrieben die Zusammenarbeit zwischen Landwirt, Klauenpfleger und Tierarzt. Tiefgreifende Klauenerkrankungen und insbesondere die Durchführung von Klauenoperationen, gehören in die Hand eines Tierarztes, weil nur er eine adäquate Schmerzausschaltung sicherstellen kann. Laienbehandlungen richten auf diesem Gebiet viel Schaden an. Oft genug wird dabei gegen das Tierschutzgesetz verstoßen; denn es gibt nur wenige Erkrankungen unter denen Kühe stärker leiden als unter chronisch - schmerzhaften oder durch falsche Behandlung verschlimmerten Klauenerkrankungen. Welches Potential eine enge Zusammenarbeit zwischen diesen Berufsgruppen hat lesen Sie im folgenden Artikel.
Klauenkrankheiten sind in vielen Betrieben ein Problem mit weitreichenden gesundheitlichen, wirtschaftlichen und tierschutzrelevanten Folgen. Da bei praktisch allen Klauenleiden die Leistungsfähigkeit des Tieres stark beeinträchtigt wird, darf besonders auch der wirtschaftliche Aspekt nicht übersehen werden. Reduktion der Milchleistung und Gewichtsverlust sind in diesem Zusammenhang zu nennen.
In der Vergangenheit wurde selbst bei komplizierten Klauenerkrankungen oft nur der Klauenpflege konsultiert und der Tierarzt eher selten gerufen. Da aber Klauenpfleger aufgrund eingeschränkter Möglichkeiten (z.B. keine örtliche Betäubung) rasch an ihre Grenzen kommen, wurden viele Tiere in weiterer Folge zum Schlachthof transportiert. Ein frühzeitiger Abgang war wiederum mit entsprechenden wirtschaftlichen Verlusten verbunden.
In der heutigen Zeit jedoch ist ein Transport lahmer Kühe zum Schlachthof wegen entsprechender Tierschutzauflagen kaum mehr möglich und wird teilweise als Tierschutzvergehen geahndet. Somit bleibt als Alternative in vielen Fällen nur die Verwertung als Notschlachtung mit einem entsprechend geringem Schlachterlös. Durch ein Klauenleiden abgemagerte Tiere werden nicht selten notgetötet und über die TKV entsorgt, was einem Totalverlust gleichkommt.
Unter Berücksichtigung oben genannter Aspekte sollte daher bei schweren Klauendefekten die Konsultation eines Tierarztes überlegt werden. Vor allem hochgradige Lahmheiten durch tiefgreifende Geschwüren, Zwischenklauenwucherungen (Limax), Seitenwanddefekte mit eitrig hohler Wand (White Line Disease) oder tiefgreifende Horndefekte durch Klauenverletzungen (z.B. durch Entmistungsschieber) gelten als Indikation für eine tierärztliche Intervention.
Bezüglich der Prognose mit dem Ziel der Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Tieres muss betont werden, dass auch Klauen mit drastisch erscheinenden Veränderungen sehr häufig bei fachgerechter Behandlung einen überraschend guten Heilungsverlauf haben. Prinzipiell ist in den meisten Fällen eine Heilung möglich, solange die Infektion (Eiter) nicht in das Klauengelenk eingedrungen ist. Ist auch das Klauengelenk betroffen, muss die Klaue amputiert werden. Praxiserfahrungen zeigen, dass selbst klauenamputierte Kühe oft wieder laufstalltauglich werden.
Natürlich muss in diesem Zusammenhang der tierärztliche Aufwand kalkuliert werden. Eine terminliche Vereinbarung, an dem das Tier am Klauenstand liegen soll, ist ein wesentlicher Punkt. Damit kann in der Regel der nötige Zeitaufwand begrenzt und die Behandlungskosten auf einem akzeptablen Niveau gehalten werden. Aufwand und Kosten stehen dann einer meist guten Aussicht auf Heilung gegenüber.
Bei praktisch allen tierärztlichen Klauenoperationen wird das Bein mit einem Gummiband abgeschnürt und eine örtliche Betäubung in die Vene injiziert. Die Blutstauung bleibt auch während der OP erhalten um das Operationsfeld blutleer zu halten. Nur so kann übersichtlich operiert werden.
Wann sollte der Tierarzt gerufen werden?
1. Wenn der Klauenpfleger es empfiehlt 2. Bei größeren Horndefekten und Hornklüften 3. Bei tiefgreifenden Geschwüren und Eiterungen 4. Wenn sich trotz Vorbehandlung wildes Fleisch gebildet hat 5. Bei allen Defekten, wo eine Betäubung notwendig ist
Während "normale" Klauengeschwüre vom Klauenpfleger ausgeschnitten werden, ist bei tiefgreifenden Veränderungen eine tierärztliche Intervention notwendig. Hier kann nur unter Schmerzausschaltung gearbeitet werden, da umfangreiche Gewebeteile entfernt werden müssen.
Die Ursache für Zwischenklauenwulst sind meist Spreizklauen. Sie können vererbt oder durch schlechte Klauenpflege und übermäßige Belastung erworben werden. Solange keine Lahmheit auftritt, ist nur eine entsprechende Klauenkorrektur notwendig. Kommt es zu einer eitrigen Entzündung mit Lahmheit, ist die operative Entfernung durch den Tierarzt notwendig.
Seitenwanddefekt mit Abszessbildung (White Line Disease)
Durch Überlastung der weißen Linie der Hinterextremität bei langen Aussenklauen, rutschigen Böden usw. können sich von der seitlichen Sohlenfläche ausgehend nach oben verlaufende Eiterkanäle bilden. Auf halber Höhe des Wandhornes kann die Eiterung in die Tiefe gehen und einen Abszess bilden. Der Druck des eingeschlossenen Eiters verursacht entsprechende Entzündungserscheinungen, massive Schmerzen und führt zu einer hochgradigen Lahmheit. Der operierende Tierarzt muss oft große Teile des Wandhornes entfernen und alle veränderten Gewebeteile in der Tiefe ausschneiden.
Verletzungen mit Einrissen, Kerben oder größeren Hornverlusten müssen unbedingt ausgeschnitten und fachgerecht versorgt werden. Es kommt sonst unweigerlich zu Wundwucherungen mit der Bildung von "wildem Fleisch". Ist dies der Fall und sind derartige Wucherungen vorhanden, muss der Tierarzt unter Anästhesie alle veränderten und wuchernden Teile großzügig entfernen. Auch hier entstehen oft spektakuläre Operationswunden, die wiederum meist eine gute Heilungstendenz haben.