Wintertagung 2024: Mit Nachhaltigkeit und Innovation Herausforderungen meistern
Das globale Umfeld für Bäuerinnen
und Bauern sei momentan
schwierig, waren sich
Landwirtschaftsminister Norbert
Totschnig und Stephan
Pernkopf, Präsident des Ökosozialen
Forums, beim Eröffnungstag
der Wintertagung
zur Agrarpolitik im Austria
Center Wien einig.
„Die Welt befindet sich im
Wandel, so auch unsere Landwirtschaft.
Angesichts der
globalen Herausforderungen
müssen wir uns die Frage stellen,
wie ein Gleichgewicht
zwischen leistbaren Preisen,
Versorgungssicherheit und Klimazielen
gelingen kann. Für
eine erfolgreiche Zukunft der
Landwirtschaft braucht es eine
Strategie. Deshalb habe ich die
‚VISION 2028+‘, einen breit angelegten
Strategieprozess über
Parteigrenzen hinweg, initiiert“,
so Totschnig. „Die ersten
Ergebnisse zeigen: Auch in
einem sich rasant ändernden
Weltmarkt bieten sich unseren
bäuerlichen Familienbetrieben
zahlreiche Chancen. Die größte
Herausforderung ist jedoch,
dass sich der Spielraum für den
‚Landwirt als Unternehmer‘
immer mehr einschränkt. Die
größte Bedrohung dahingehend
ist der Green Deal, der
einen massiven Regulierungsdruck
bringt. Deshalb fordere
ich eine Kurskorrektur der
EU-Politik“, betonte Totschnig.
Herausfordernd für die Bäuerinnen
und Bauern seien auch
die sich laufend ändernden
Vorgaben für die Produktion.
Keine andere Branche sehe
sich derart häufigen Änderungen
der bürokratischen Vorgaben
gegenüber. Dies gepaart
mit einem öffentlichen Diskurs,
der vor allem über – aber
nicht mit den Bäuerinnen und
Bauern – geführt werde, führe
zu Unsicherheiten. „Die Veränderungsbereitschaft
bei den
Bäuerinnen und Bauern ist vorhanden.
Eine wirtschaftliche
Betriebsführung ist aber unter
permanent unsicheren Rahmenbedingungen
sehr schwierig“,
so Stephan Pernkopf.
Kosten abgelten
Wenn durch Beschlüsse im
EU-Parlament Anpassungen nötig
werden, müssten die zusätzlichen
Kosten auch abgegolten
werden.
„Beim Austausch von Heizsystemen
gibt es ein klares Bekenntnis,
politische Vorgaben
auch konsequent finanziell
zu unterstützen. Die gleiche
Schlussfolgerung wünsche ich
mir bei den Vorgaben im Landwirtschaftsbereich.
Wer A sagt,
muss auch B sagen“, so Pernkopf.
„Die Ökosoziale Agrarpolitik
ist seit Jahrzehnten das Leitbild
der österreichischen Agrarpolitik.
Der Ausgleich zwischen
ökonomischen, sozialen und
ökologischen Zielen ist ganz
entscheidend für den Erfolg“,
sind Pernkopf und Totschnig
überzeugt.
Gutes Zeugnis
Eine im Dezember erschienene
Studie des renommierten
Nature-Magazins stellt der
österreichischen Landwirtschaft
ein hervorragendes
Zeugnis aus. Auch wenn in Einzelbereichen
weitere Schritte
nötig sind, steht Österreich im
internationalen Vergleich in
Sachen Balance der Nachhaltigkeitsziele
an vorderster Stelle
der bewerteten Länder.
„Wir sind nicht so schlecht
wie manche meinen. Aber
auch nicht so gut wie wir
noch werden können“, erklärte
Pernkopf. Dazu sei es nötig,
dass hohe Umwelt- und Tierschutzstandards
nicht zu einem
Wettbewerbsnachteil werden.
„Agrarprodukte dürften nur
eingeführt werden, wenn sie
entweder die gleichen Produktionsstandards
erfüllen oder einem
entsprechendem Grenzkostenausgleich
unterworfen
werden“, fordert der Präsident
des Ökosozialen Forums.
Für mehr Zusammenarbeit
in Europa sprachen sich
EU-Kommissar Johannes Hahn
und Marion Jansen, Direktorin
für Handel und Landwirtschaft
der OECD, aus. Hahn
sieht in der ökosozialen Idee
den Schlüssel für eine bessere
Wettbewerbsfähigkeit der
europäischen Landwirtschaft.
„Eine starke ökologische
und nachhaltige gemeinsame
Agrarpolitik ist eine Investition
in die Zukunft Europas“, erklärte
der Kommissar für Haushalt
und Verwaltung. Jansen
betonte die Notwendigkeit internationaler
Zusammenarbeit:
„Auf globaler Ebene besteht
eine große Einigkeit bezüglich
der Nachhaltigkeitsziele
für die Landwirtschaft. Man
ist sich allerdings weniger einig,
wie diese erreicht werden
sollen“, so Jansen.
Ein weiterer Themenblock
beim Eröffnungstag der Wintertagung
beschäftigte sich mit
den Schlüsselkompetenzen
und Technologien der Landwirtschaft
von morgen. Dabei
standen Fortschritte in der
Biotechnologie, der Digitalisierung
und in anderen Feldern in
Diskussion. So ist Stephan von
Cramon-Taubadel von der Universität
Göttingen davon überzeugt,
dass neue Technologien
wesentlich sind, um die Ernährung
zu sichern. „Aber sie sind
auch kein Allheilmittel und
bergen mitunter Gefahren“, so
Cramon-Taubadel. Hermann
Bürstmayr von der Universität
für Bodenkultur in Wien
sprach sich für einen offenen
Zugang zu neuen Züchtungsmethoden
aus.