Neue Zuchtziele: Hitzetoleranz & Methanausstoß
Gesunde Kühe mit einer hohen Milchleistung und guter Fruchtbarkeit zu züchten, ist das grundlegende Ziel in der Rinderhaltung. Allerdings richten Landwirtschaft und Wissenschaft seit einigen Jahren den Fokus auch auf Eigenschaften, die aufgrund der Klimaveränderung einen wesentlichen Einfluss auf die Gesundheit der Tiere und die Wirtschaftlichkeit der Betriebe haben. Vor allem bei Hitze reagieren Milchkühe mit einer verringerten Futteraufnahme, einer geringeren Milchleistung und Milchqualität sowie einer beeinträchtigten Fruchtbarkeit. Deshalb konzentriert sich die Forschung darauf, Kühe zu identifizieren und zu züchten, die hitzetoleranter sind.
Milchleistung - Indikator für Hitzetoleranz
Ein Merkmal, das als Indikator für Hitzetoleranz verwendet werden könnte, ist die Milchleistung. Diese sinkt bei steigendem Hitzestress von Tier zu Tier unterschiedlich stark, je nach individueller Hitzetoleranz, und stellt ein gering bis mäßig erbliches Merkmal dar. Ein weiterer Phänotyp für Hitzetoleranz ist die Veränderung der Rektaltemperatur mit steigendem THI (THI = Temperatur-Feuchtigkeits-Index). Je doch ist es schwierig, solche Messungen in großem Umfang zu erheben. Auf Betrieben, die bestimmte Sensorsysteme für das Herdenmanagement verwenden, ermöglicht ein in den Pansen eingegebener Bolus ein kontinuierliches Monitoring der inneren Körpertemperatur, welche sich mit zunehmen dem Hitzestress ebenfalls verändern kann. Das Fettsäureprofil in der Milch ist ein weiteres mögliches Merkmal für Hitzetoleranz. Durchgeführte Studien deuten auf Veränderungen in diesem Profil bei Hitzestress hin. Fettsäureprofile können durch Mittelinfrarotspektroskopie von Milchproben gemessen werden.
Australien: Zuchtwert für Hitzetoleranz
Australischen Züchtern steht seit 2016 ein Zuchtwert für Hitzetoleranz bei Holstein- und Jersey-Kühen - der ABVHT (aus dem Englischen: Australian breeding value for heat tolerance) - zur Verfügung. Die Grundlage dafür bilden das Ausmaß des Milchrückgangs sowie des Fett- und Eiweißertrags pro THI-Anstieg. Auswertungen zeigten, dass Kühe mit hohem ABVHT in Summe zwar eine geringere Milchleistung aufweisen, dass der Rückgang der Milchleistung in Hitzeperioden aber deutlich geringer war, was eine stabilere Leistung bedeutet. Zudem war die Fruchtbarkeit der Tiere mit hohem ABVHT deutlich besser und die Futteraufnahme ging bei Kühen mit höherem ABVHT deutlich weniger zurück. Außerdem hatten Kühe mit hohem ABVHT niedrigere Rektal- und Vaginaltemperaturen und höhere Hauttemperaturen, was auf die Fähigkeit hinweist, die Körpertemperatur unter Hitze stress konstant zu halten.
Durch Züchtung 20% weniger Methan möglich
Neben der Zucht auf Hitzetoleranz konzentriert sich die Forschung weltweit und auch in Österreich auf die Identifizierung und Selektion von Kühen, die weniger Methan ausstoßen. Verschiedene Forschungsarbeiten zeigen, dass eine Reduzierung der Methanemissionen durch züchterische Maß nahmen möglich ist und die Erblichkeiten dieser Merkmale überwiegend im Bereich von 20% liegen. Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass es möglich ist, die Methanintensität (Methan pro Kilogramm erzeugter Milch) um über 20% bis zum Jahr 2050 zu reduzieren. Die Zucht ist somit neben der Fütterung ein zentraler Ansatzpunkt, Methanemissionen zu verringern und gleichzeitig die Futtereffizienz der Kühe zu verbessern.