Heimischer Sojakuchen in der Ferkelaufzucht
Zahlen, Daten und Fakten
Die Sojabohne (Glycine max) wird seit mehr als 3.000 Jahren v. Chr. als Nutzpflanze kultiviert, wobei derzeit weltweit ca. 350 Mio.t produziert werden. Die Eigenversorgung in Europa liegt bei ca. 7% und spiegelt die starke Importabhängigkeit wider. In Österreich werden rund 200.000 t auf einer Fläche von ca. 70.000 ha produziert, was eine Verdreifachung innerhalb der letzten 20 Jahre darstellt (FAOSTAT, 2018). Aufgrund ihres Gehalts an hoch verdaulichen Aminosäuren ist Soja ein idealer Mischungspartner mit Mais in der heimischen Rationsgestaltung von Schweinen und Geflügel. Zusätzlich enthalten Sojabohnen etwa 20% Öl, welches zu einem großen Anteil aus mehrfach ungesättigten Fettsäuren besteht. Demgegenüber enthält die unverarbeitete Sojabohne jedoch ebenso hohe Gehalte an antinutritiven Faktoren (ANF), im speziellen Trypsininhibitoren (TIA = 20-40 mg/g). Diese wirken nachteilig auf die Nährstoffverdaulichkeit und beeinträchtigen folglich die tierische Leistung massiv. Eine entsprechende thermische Behandlung von Soja im Zuge der Röstung bzw. Toastung ist zur Reduktion dieser ANF erforderlich.
Vollfettsoja, Kuchen und Extraktionsschrot
Je nach Verfahren fallen unterschiedliche Sojaprodukte an, die sich aufgrund des Ölgehaltes unterscheiden lassen. Durch den Fettentzug sinkt einerseits die Energiedichte, andererseits kann eine Aufkonzentration des Proteins wie auch der Aminosäuren nachgewiesen werden. Entsprechend des Restölgehaltes können Sojaprodukte in Vollfettbohne, Kuchen und Extraktionsschrot eingeteilt werden. Beim Einsatz von Vollfettbohnen erfolgt keine Entölung im Zuge der thermischen Behandlung, der Ölgehalt entspricht somit jenem der unbehandelten Bohne. Erfolgt eine Entölung durch Pressen handelt es sich um Sojakuchen, welcher einen Restfettgehalt von ca. 8 - 12% aufweist. Sojaextraktionsschrot weist hingegen einen Restfettgehalt von weniger als 2% auf. Um derart niedrige Gehalte zu erreichen, wird nach dem Pressvorgang eine Entölung mittels chemischer Extraktion (als Lösungsmittel wird meist Hexan genutzt) durchgeführt. In Tabelle 1 ist eine Zusammenfassung der wichtigsten Sojaprodukte sowie deren Nährstoffgehalt dargestellt.
Tabelle 1: Sojaprodukte im Überblick
Futtermittel | Umsetzbare Energie, MJ ME/kg | Protein, g/kg | Lysin, g/kg | Rohfett, g/kg |
Sojabohnen, vollfett | 15.69 | 352 | 21.6 | 179 |
Sojakuchen, 8% Restöl | 13.8 | 396 | 23.6 | 81 |
Sojaextraktionsschrot, 44er | 13.1 | 440 | 26.9 | 12 |
Sojaextraktionsschrot, 48er | 14.12 | 480 | 29.4 | 12 |
Analytik sichert optimale Leistung
Basis einer bedarfsgerechten, sowie ökonomisch und ökologisch nachhaltigen Tierernährung ist die Kenntnis der nährstofflichen Zusammensetzung und Qualität von Futtermitteln. Um saisonale, regionale sowie verarbeitungsbedingte Schwankungen ausgleichen zu können ist eine regelmäßige Analyse der Inhaltsstoffe von wesentlicher Bedeutung. Dieser Umstand sei speziell im Hinblick auf die stark steigende Anbaufläche von Soja als auch des damit verbundenen Anstieges an dezentral verarbeitenden Betrieben erwähnt.
Speziell beim Einsatz von Sojaprodukten muss besonders auf zwei Kennwerte zur Qualitätsbeurteilung geachtet werden. Die thermische Behandlung von Sojabohnen hat das Ziel, die Aktivität von Trypsininhibitoren (TIA) bestmöglich zu reduzieren. Der Grenzwert ausreichend behandelter Sojaprodukte liegt im Bereich kleiner 4 - 5 mg/g. Eine thermische Überbehandlung kann jedoch ebenfalls in der Reduktion der Verdaulichkeit von Protein resultieren. Dies kann z.B. durch die Analyse der Proteinlöslichkeit in Kalilauge (KOH) überprüft werden, welche bei optimaler Aufbereitung zwischen 78 bis 85% liegen sollte. Zur Ermittlung dieser Kennwerte stehen unterschiedliche Methoden zur Verfügung. Entsprechend aussagekräftige Ergebnisse liefern hierbei die chemische Analytik von TIA wie auch die Proteinlöslichkeit in KOH. Eine weitere innovative Möglichkeit zur Abschätzung der Verarbeitungsqualität kann mittels Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) erreicht werden.
Ferkelversuche mit Sojakuchen
Gemeinsam mit dem Josephinum Research (Francisco Josephinum) und dem Institut für Tierernährung (TTE, BOKU-Wien) wird im Rahmen eines Forschungsprojektes an der Erfassung relevanter Eigenschaften von Sojabohnen hinsichtlich der Auswirkung auf die Behandlung gearbeitet. Ziel ist es, die thermische Behandlung von heimischen Sojabohnen zu optimieren, um den bestmöglichen Futterwert zu garantieren.
Im Rahmen zweier Ferkelversuche wurde zum einen das Potenzial von behandeltem Sojakuchen im Vergleich zu Sojaextraktionsschrot an der landwirtschaftlichen Fachschule Hatzendorf getestet. Um eine optimale Behandlung des Kuchens zu gewährleisten, wurden zunächst unterschiedliche Eigenschaften von Sojabohnen einer Sorte bestimmt. Anschließend erfolgte eine Behandlung mittels Toaster bei unterschiedlichen Zeit- und Temperatureinträgen an einer dezentralen Aufbereitungsanlage am Betrieb MH Agrarhandel GmbH. Folglich wurde auf Basis von NIRS Ergebnissen der Sojakuchenvarianten eine errechnete Optimalbehandlung nochmals durchgeführt. Dieser Sojakuchen wurde in den veranschaulichten Versuchsrationen (Tabelle 2) eingesetzt. Futtergruppe 1 erhielt eine Ration mit ausschließlich Sojaextraktionsschrot "44er“ (SES). Demgegenüber wurde dieser in Gruppe 2 zu 50%, in Gruppe 3 zu 75% sowie in Gruppe 4 zu 100% durch den optimal aufbereiteten Sojakuchen ersetzt.
Aufbauend auf diesen Versuch bestand zum anderen das Ziel des zweiten Fütterungsversuches darin unvermahlenen sowie fein vermahlenen Sojaextraktionsschrot "48er“ durch grob bzw. fein vermahlenen Sojakuchen innerhalb der Ferkelrationen vollkommen zu ersetzen. Durch die starke Reduktion der Partikelgröße im Zuge einer feineren Vermahlung erzielt man eine deutliche Vergrößerung der Oberfläche, welche wiederum den Verdauungsenzymen verstärkt Angriffsfläche zum Abbau des Proteins liefern kann und somit dessen Verdaulichkeit steigert. Neben dem Einsatz von "48er“ statt "44er“ Sojaextraktionsschrot verzichtete man in diesem Versuch zusätzlich auf den Einsatz von Kartoffeleiweiß.
Um diese Forschungsfrage zu klären wurden ebenfalls vier Versuchsgruppen gebildet, in denen die Mais-Gersten-betonte Rationen mit unvermahlenen (VG 1) sowie fein vermahlenem Sojaextraktionsschrot (VG2) im Austausch gegen grob (VG 3) bzw. fein vermahlenen (VG 4) Sojakuchen angeboten wurden.
Die Zusammensetzung der Rationen beider Versuche sowie die errechneten Nährstoffgehalte, auf Basis der NIRS Ergebnisse, sind in Tabelle 2 dargestellt. In beiden Fütterungsversuchen wurden jeweils 48 Ferkel zu je 6 Tieren in 8 Boxen aufgestallt. In den ersten beiden Wochen nach dem Absetzen erhielten alle Ferkel für die Dauer von 2 Wochen ein einheitliches Ferkelabsetzfutter. Danach wurden die 4 Versuchsfutterrationen für den Zeitraum von 6 Wochen angeboten.
Tabelle 2: Versuchsgruppen und Zusammensetzung der Versuchsfuttermischungen
Versuch 1 | Versuch 2 | |||||
Rationszusammensetzung, % | SES | 50% | 75% | 100% | SES | Kuchen |
Körnermais | 46 | 46.4 | 46 | 46.4 | 45 | 45 |
Gerste | 24.7 | 25 | 25.9 | 26 | 26.2 | 28.2 |
Sojabohnenschale | 5.1 | 5.3 | 5.3 | 5.4 | 5.5 | 5.1 |
Sojaextraktionsschrot (48% Protein) | - | - | - | - | 17.5 | - |
Sojaextraktionsschrot (44% Protein) | 16.3 | 7.9 | 3.9 | - | - | - |
1Sojakuchen | 0 | 7.9 | 11.5 | 15.1 | - | 17 |
Kartoffeleiweiß | 2.5 | 2.5 | 2.5 | 2.5 | - | - |
Futtersäurezusatz | 0.2 | 0.2 | 0.2 | 0.2 | 0.2 | 0.2 |
Sojaöl | 1 | 0.5 | 0.3 | - | 1.2 | 0 |
*Premix (Mineralstoffmischung) | 4.2 | 4.3 | 4.4 | 4.4 | 4.4 | 4.5 |
Rohnährstoffe kalkuliert | ||||||
Trockenmasse, % | 88.95 | 89.54 | 89.85 | 90.11 | 88.17 | 89.31 |
Rohprotein, % | 17.13 | 17.31 | 17.37 | 17.43 | 16.05 | 16.32 |
Lysin, % | 1.26 | 1.271 | 1.279 | 1.278 | 1.18 | 1.19 |
ME-Schwein, MJ/kg | 13.19 | 13.28 | 13.33 | 13.36 | 13.06 | 13.22 |
MJ ME : Lysin | 0.955 | 0.957 | 0.959 | 0.957 | 0.904 | 0.9 |
Tabelle 3: Analysierter Nährstoffgehalt der Rationen
Versuch 1 | Versuch 2 | |||||||
Inhaltsstoffe analysiert | SES | 50% | 75% | 100% | VG 1 | VG 2 | VG 3 | VG 4 |
Trockenmasse, % | 889 | 889 | 892 | 893 | 883 | 886 | 881 | 891 |
ME-Schwein, MJ/kg | 13.31 | 13.44 | 13.55 | 13.55 | 13.53 | 13.51 | 13.44 | 13.59 |
Rohprotein, g | 170 | 171 | 170 | 170 | 169 | 165 | 160 | 163 |
Lysin, g | 12.23 | 12.45 | 12.39 | 12.42 | 11.33 | 11.5 | 11.33 | 11.83 |
Rohfaser, g | 48 | 44 | 43 | 44 | 38 | 40 | 41 | 41 |
NfE, g | 578 | 582 | 585 | 585 | 583 | 593 | 588 | 594 |
Stärke, g | 442 | 441 | 440 | 455 | 436 | 447 | 450 | 447 |
Gesamtfett, g | 45 | 44 | 46 | 46 | 44 | 42 | 46 | 46 |
Rohasche, g | 48 | 48 | 48 | 48 | 49 | 46 | 46 | 47 |
Wie in Tabelle 3 ersichtlich, war die nährstoffliche Zusammensetzung in den Futtermischungen beim Austausch von Sojaextraktionsschrot mit Sojakuchen nahezu ident zwischen den Versuchsgruppen. Dies wird sowohl beim analysierten Rohprotein- und Lysingehalt als auch beim errechneten Energiegehalt der vier Rationen ersichtlich. Damit kann gezeigt werden, dass die Einschätzung der Nährstoffgehalte von Sojaextraktionsschrot und Sojakuchen und auf Basis der NIRS Messungen hier sehr gut funktioniert hat. In Tabelle 4 wird die Partikelgrößenverteilung aus dem Versuch 2, welche mittels Siebturm durchgeführt wurde, veranschaulicht. Durch die Feinvermahlung von Sojaextraktionsschrot konnte ein sehr starker Anstieg der Kleinpartikel nachgewiesen werden (< 0,20 mm). Wie in Tabelle 4 veranschaulicht, konnten aufgrund der groben bzw. feinen Vermahlung nahezu idente Durchschnittspartikelgrößen (dMEAN, mm) erzielt werden. Die Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen sind zur einfacheren Veranschaulichung auch nochmals zusätzlich prozentuell dargestellt (grob = 100%).
Tabelle 4: Partikelgrößenverteilung (%, Anteile Partikelgrößen)
dMEAN, µm | Prozentuell, % | |
Versuchsgruppen | ||
VG 1 | 806.8 | 100 |
VG 2 | 672.2 | 83 |
VG 3 | 796.9 | 100 |
VG 4 | 712.5 | 89 |
Sojafuttermittel | ||
Sojaschrot - grob | 835.2 | 100 |
Sojaschrot - fein | 537 | 64 |
Sojakuchen - grob | 822.3 | 100 |
Sojakuchen - fein | 524.1 | 64 |
Ergebnisse
Versuch 1
Wie aus den Ergebnissen (Tabelle 5) ersichtlich wird, sind sowohl die Tageszunahmen als auch die Futteraufnahme und die Futterverwertung zwischen den Versuchsgruppen über den gesamten Versuchszeitraum nahezu ident. Auch der vollständige Austausch von Sojaextraktionsschrot "44er“ mit Sojakuchen zeigte innerhalb des Versuches keine Beeinträchtigung bezüglich der Leistungen.
Versuch 2
Diese Ergebnisse können Großteils durch den zweiten Fütterungsversuch bestätigt werden. Zum einen übte der vollständige Austausch von Sojaextraktionsschrot "48er“ keinen Einfluss auf die tierische Leistungsfähigkeit. Zum anderen konnte gezeigt werden, dass auch eine sehr feine Vermahlung des Sojafuttermittels, unabhängig von Sojaschrot oder Sojakuchen, keinen Effekt auf die Täglichen Zunahmen wie auch die Futterverwertung übt. Darüber hinauf wird ersichtlich, dass durch die sehr feine Vermahlung von Sojaextraktionsschrot, d.h. dem sehr hohen Anteil an feiner Futterpartikel, die Futteraufnahme, betrachtet über den gesamten Versuchszeitraum, geringer war.
Tabelle 5: Leistungsdaten aus dem Fütterungsversuch (1)
Versuch 1 | |||||
SES | 50% | 75% | 100% | Statistik | |
Anfangsgewicht, kg | 9.5 | 9.53 | 9.15 | 9.52 | Nicht signifikant |
Endgewicht, kg | 35.52 | 35.96 | 35.96 | 35.33 | Nicht signifikant |
Tgz 1 bis 3 Woche, g | 482 | 482 | 483 | 487 | Nicht signifikant |
Tgz 4 bis 6 Woche, g | 752 | 776 | 794 | 746 | Nicht signifikant |
FA 1 bis 3 Woche, g | 811 | 780 | 766 | 803 | Nicht signifikant |
FA 4 bis 6 Woche, g | 1392 | 1394 | 1355 | 1401 | Nicht signifikant |
Futteraufnahme gesamt, g | 1101 | 1087 | 1061 | 1102 | Nicht signifikant |
Tageszunahme gesamt, g | 620 | 629 | 638 | 615 | Nicht signifikant |
FV 1 bis 3 Woche, 1: … | 1.63 | 1.67 | 1.7 | 1.63 | Nicht signifikant |
FV 4 bis 6 Woche, 1: … | 1.8 | 1.81 | 1.77 | 1.86 | Nicht signifikant |
FV gesamt, 1: … | 1.74 | 1.76 | 1.74 | 1.77 | Nicht signifikant |
Tabelle 6: Leistungsdaten aus dem Fütterungsversuch
Versuch 2 | |||||
VG 1 | VG 2 | VG 3 | VG 4 | Statistik | |
Anfangsgewicht, kg | 8.76 | 9.33 | 9.05 | 9.16 | Nicht signifikant |
Endgewicht, kg | 32.24 | 33.20 | 31.45 | 31.63 | Nicht signifikant |
Tgz 1 bis 3 Woche, g | 443 | 449 | 388 | 391 | Nicht signifikant |
Tgz 4 bis 6 Woche, g | 676 | 688 | 679 | 978 | Nicht signifikant |
Tageszunahme gesamt, g | 559 | 568 | 533 | 535 | Nicht signifikant |
FV 1 bis 3 Woche, 1: … | 1.53 | 1.66 | 1.5 | 1.64 | Nicht signifikant |
FV 4 bis 6 Woche, 1: … | 1.8 | 1.76 | 1.94 | 1.82 | Nicht signifikant |
FV gesamt, 1: … | 1.69 | 1.73 | 1.76 | 1.75 | Nicht signifikant |
FA 1 bis 3 Woche, g | 687 | 608 | 663 | 675 | Nicht signifikant |
FA 4 bis 6 Woche, g | 1231 | 1179 | 1315 | 1252 | Nicht signifikant |
Futteraufnahme gesamt, g | 959a | 893b | 989a | 963a | Statistisch signifikant |
Fazit
- Die Nutzung der NIRS Messung kann ein hilfreiches Werkzeug zur Abschätzung der Verarbeitungsqualität sowie der Nährstoffe für die Rationskalkulationen sein.
- Aus dem ersten Versuch geht hervor, dass Sojaextraktionsschrot durch Sojakuchen in der Ferkelaufzucht vollständig ohne Auswirkungen auf die Leistung ersetzt werden kann.
- Dieser Umstand konnte durch den zweiten Versuch bestätigt werden, wobei ebenfalls darauf verwiesen werden kann, dass eine sehr feine Vermahlung des Sojafuttermittels keine Leistungssteigerung in gezeigtem Versuch mit sich brachte - demgegenüber sinkt die Futterverwertung bei sehr fein vermahlenem Sojaextraktionsschrot.
- Der heimische Anbau von Sojabohnen, sowie deren gezielte Behandlung stellen eine wirksame Stellschraube in Bezug auf die Eiweißproblematik dar.