27.03.2023 | von Dipl.-Päd. Ing. Gottfried Etlinger
In der Rinderhaltung, vor allem aber in Milchviehställen, liegen beachtliche Energiesparpotenziale, die oft mit nur geringem technischen und finanziellen Aufwand zu heben sind. Wo man diese findet und wie man sie nutzt, erfahren Sie hier.
Stromverbrauch dokumentieren
Durch eine einfache Energiebuchhaltung kann man sich relativ schnell einen Überblick verschaffen, wie viel Energie in den einzelnen Betriebsbereichen verbraucht wird. Über die Leistungen der einzelnen Maschinen - in der Regel am Typenschild ablesbar - und den Betriebszeiten in Stunden erhält man den Verbrauch in Kilowattstunden. Nach einem Abgleich mit der Stromabrechnung lassen sich die größten Stromverbraucher ausfindig machen und Effizienzmaßnahmen planen.
Energiekosten
Verbraucher
Anzahl
Nennleistung lt. Hersteller (kW)
Einsatzzeit (h/Jahr)
Stromverbrauch (kWh/Jahr)
Stromtarif (€/Jahr)
Stromkosten (€/Jahr)
Vakkuumpumpe
1
4,00
1460
5.840
0,35
2.044,00
Kühltank
1
5,00
2000
10.000
0,35
3.500,00
Stallbeleuchtung
20
0,06
3500
3.920
0,35
1.372,00
Energiekennzahlen und die Dokumentation des Energieverbrauchs zeigen Bereiche mit dringendem Handlungsbedarf auf und helfen bei der Umsetzung von Einsparmaßnahmen.
Größte "Fresser"“: Melkstand & Milchkammer
Basis für eine energieeffiziente Milchgewinnung ist die richtige Dimensionierung der einzelnen Anlagenteile abgestimmt auf die Herdengröße.
Größe des Milchtanks auf die aktuelle Milchmenge abstimmen - Tank nicht überdimensionieren
Drehzahlsteuerung für Vakuumpumpe
Der erste Ansatz, um Energie am Milchviehbetrieb einzusparen, ist die Steuerung der Vakuumpumpe. Der Einbau einer Frequenzsteuerung kann den Stromverbrauch um 40 - 60% gegenüber dem Betrieb ohne Drehzahlregelung verringern.
Elektronisch geregelte Pumpen ermitteln mittels Sensoren das benötigte Melkvakuum und regulieren damit die Drehzahl der Pumpe. Die maximale Vakuumleistung ist nur für kurze Zeit im Reinigungsprozess erforderlich. Die meiste Zeit des Melkvorgangs läuft die Pumpe im niedrigen unteren Drehzahlbereich.
Steht die Neuanschaffung einer Vakuumpumpe ins Haus, sollte man generell nicht auf eine entsprechende Drehzahlsteuerung verzichten. In den meisten Fällen können bestehende Vakuumpumpen mit einer Frequenzsteuerung problemlos nachgerüstet werden. Die Nachrüstung hängt ab von der Pumpenbauart und des Alters der Vakuumpumpe. In diesem Fall ist es am Einfachsten, sich bei einer Melktechnik-Fachfirma zu informieren.
Investitionskosten bei einer Nachrüstung
Die Investitionskosten einer frequenzgesteuerten Vakuumpumpe sind um 20 - 30% höher als die einer konventionellen Pumpe. Für eine Nachrüstung muss man, abhängig von der Pumpenleistung, mit 3.000 bis 4.000 Euro kalkulieren.
Milchkühlung zuerst optimieren
Verfolgt man den Weg der Milch weiter, kommt man zum größten Stromverbraucher in der Kette - der Milchkühlung. Dort gibt es einige technische und bauliche Maßnahmen, die den Stromverbrauch erheblich senken.
Welche Faktoren Faktoren für eine effiziente Milchkühlung kontrollieren und optimieren?
Bei kühlen Temperaturen arbeitet die Milchkühlung am effizientesten. Milchtank und Kälteaggregat sollten in einer möglichst kühlen Umgebung stehen.
Der Aufstellungsort des Kälteaggregats ist maßgebend für den Energieverbrauch. An den Kühlrippen der Anlage muss eine freie Luftzuführung möglich sein. Die besten Ergebnisse erzielt man, wenn das Aggregat mit kühler Außenluft versorgt wird. Messungen zeigen ein Einsparungspotential von bis zu 25% des jeweiligen Stromverbrauchs.
Nur saubere Kühllamellen arbeiten optimal. Eine regelmäßige Reinigung des Aggregats ist daher unerlässlich.
Auf eine ausreichende Kältemittelmenge im Kühlkreislauf ist zu achten und durch regelmäßige Wartungen die Leistungsfähigkeit der Geräte zu erhalten.
Das Volumen des Milchtanks, vor allem aber die Nennleistung des Kälteaggregats sollten nach Möglichkeit auf die zu erwartende Milchmenge abgestimmt sein.
Vorkühler als einfache Lösung
Der Einbau eines Vorkühlers ist eine relativ einfache Lösung, um den Energieverbrauch der Milchkühlung erheblich zu senken. Dazu baut man einen Platten- oder Rohrkühler zwischen Milchabscheidegefäß und Milchtank ein. Das Brunnen- oder Ortswasser im Vorkühler entzieht die Wärme indem es entgegen der Flussrichtung an der Milch vorbeigeführt wird. Plattenkühler haben häufig eine größere Oberfläche und damit mehr Wärmetauschfläche als Rohrkühler. Dafür sind die Durchgänge für die Milch und das Wasser beim Plattenkühler enger. Deshalb ist es beim Plattenkühler sinnvoll, vor dem Milchzulauf einen Filter zu schalten, um Verstopfungen durch Fremdkörper vorzubeugen, wie zum Beispiel Stroh oder Schmutz.
Der Abkühleffekt der Milch durch den Vorkühler hängt von der Wassertemperatur und -menge, von der Milcheinlauftemperatur und -menge sowie von der Vorkühlergröße ab. Praxiserfahrungen zeigen, dass die Milch von rund 35 °C auf etwa 16° bis 20°C abgekühlt werden kann. Der Wasserbedarf liegt bei etwa 1,5 bis zwei Litern pro Liter Milch. Die Kühlwirkung der Vorkühler ist umso besser, je kälter das Wasser ist. Das erwärmte Wasser wird für die Tränke der Tiere genutzt, kann aber auch in einem Pufferspeicher "zwischengespeichert“ werden.
Das kostet ein Vorkühler
Durch die vorgekühlte Milch kann der Stromverbrauch in der Milchkühlung um 30 - 40% gesenkt werden. Die Anschaffungskosten eines Vorkühlers, unabhängig ob Platten- oder Rohrkühler, betragen 2.500 bis 3.000 Euro. Hinzu kommen noch die Einbaukosten ins bestehende System.
Wärmerückgewinnung
Der Einbau einer Wärmerückgewinnung setzt ebenfalls direkt bei der Milchkühlung an. Bei einer Wärmerückgewinnungsanlage wird der Kältemittelkreislauf vor dem Kondensator durch einen Warmwasserspeicher geführt. Mit der Abwärme kann Brauchwasser auf zirka 45 bis 50 °C erwärmt werden. Das Warmwasser wird in einem Boiler bereitgestellt und nach dem Melken an den Spülautomaten zur Reinigung der Melkanlage abgegeben. Der Spülautomat erledigt nur mehr die Restaufheizung.
Erfolg der Wärmerückgewinnung hängt von Milchmenge ab
Die mit einer Wärmerückgewinnung erzielbare Warmwassermenge hängt von der Milchmenge pro Melkung ab und ob ein Vorkühler eingesetzt wird. Ein Liter Milch dann ungefähr 0,6 Liter Wasser auf etwa 50 ° C erwärmen. Zu berücksichtigen ist, dass ein Vorkühler etwa die Hälfte der Milchwärme entzieht. Damit reduziert sich die mögliche Menge an warmen Wasser auf 0,3 Liter je Liter Milch.
Macht es Sinn Vorkühlung und Wärmerückgewinnung zu kombinieren?
Ob die Kombination von Vorkühlung und Wärmerückgewinnung Sinn macht, lässt sich relativ einfach und schnell feststellen. Eine Wärmerückgewinnung rechnet sich auf jeden Fall, wenn die mögliche erwärmte Wassermenge in etwa dem Warmwasserbedarf für Melkstand- und Kühltankreinigung, Kälbertränke oder Hände waschen entspricht. Daraus ergibt sich, dass für viele Betriebe eine Kombination aus Wärmerückgewinnung und Milchvorkühlung wirtschaftlich sinnvoll sein kann
Eiswasserspeicher
Soll eine Milchkühlung neu angeschafft werden, kann auch ein Eiswasserspeicher eine energieeffiziente Lösung sein. Der Eiswasserspeicher baut unabhängig von den Melkzeiten in einem separaten Speicher einen Kältevorrat auf. Dieser steht bei Bedarf nach dem Melken zum Kühlen der Milch zur Verfügung. Das Verfahren benötigt etwas mehr Strom und die Investitionskosten liegen rund 20% über der einer Direktkühlung. Der Vorteil: Man kann Photovoltaikstrom in der sonnenreichen Zeit in Form von Eis speichern. So kann ein Eiswasserspeicher den Eigenverbrauchsanteil an Photovoltaikstrom am Betrieb erheblich steigern.
Ration elektrisch mischen und vorlegen
Nahezu alle namhaften Hersteller im Bereich Fütterungstechnik haben automatische Fütterungssysteme im Programm. Die Ration wird mit elektrischer Energie hergestellt und das Futter ebenso verteilt. Automatische Fütterungssystemen mit effizienten Elektromotoren können die Energiekosten für die Rinderfütterung im Vergleich zu konventioneller Fütterungstechnik reduzieren. Außerdem bietet diese Technik die Möglichkeit, Eigenstrom einer Photovoltaikanlage zu nutzen und somit steigenden Energiekosten zu begegnen.
Eine genauere wirtschaftliche Betrachtung von automatischen Fütterungssystemen ist aufgrund weniger Daten und Untersuchungen derzeit noch schwierig.
Das bringt Automatisierung für den Betrieb
Die automatisierte Vorlage von Futtermischrationen gewinnt in der Milchvieh- und Mastrinderhaltung immer mehr an Bedeutung aufgrund von
eingesparte Arbeitszeit
flexibler Zeiteinteilung
mehrmals täglicher und leistungsgruppenbezogener Fütterung
Arbeitszeit entscheidet
Insgesamt gesehen ist bei der automatischen Fütterung der Investitionsbedarf höher als bei konventioneller Grund- und Kraftfuttervorlage. Eine Investition in diese Technik ist aus finanzieller Sicht nur dann überlegenswert, wenn die zur Verfügung stehende Arbeitszeit sehr knapp und damit teuer ist. Tendenziell gilt, dass je höher der zeitliche Aufwand für die Futtervorlage in Abhängigkeit von den betrieblichen Bedingungen ist, desto interessanter werden automatische Fütterungssysteme.
Elektrofahrzeuge im Stall und am Hof
Aber auch der Einsatz von Elektrofahrzeugen im Stall- und Hofbereich wird immer interessanter. Vor allem im Segment der Hoflader sind bereits eine Vielzahl an elektrisch betriebenen Modellen auf dem Markt erhältlich. Die Betriebskosten liegen deutlich unter denen vergleichbarer Dieselmodelle. Der Anschaffungspreis ist aber um zirka 30% höher. Modellrechnungen zeigen, dass sich die höhere Investition nach rund 2.500 bis 3.000 Betriebsstunden rechnet.
Hoflader punkten mit einem geringen Wenderadius und einer schlanken Arbeitsbreite. Wenig Lärm, keine Abgasemissionen, eine unkomplizierte Wartung, kein regelmäßiger Ölwechsel, hoher Komfort für Fahrer und Tiere sind aber weitere Punkte, die für einen elektrisch betriebenen Hoflader sprechen.
Artikelserie "Energiesparen in der Landwirtschaft"
Die Serie "Energiesparen in der Landwirtschaft“ nimmt den Energieverbrauch am landwirtschaftlichen Betrieb unter die Lupe. In sieben Teilen informieren Sie unsere Experten, wo es vom Treibstoff bis zum Notstrom, vom Haus bis zum Feld Möglichkeiten gibt, Energie einzusparen, effizienter zu nutzen und dabei zugleich das Klima zu schützen.