Ein Überblick: Energiesparen am Bauernhof
Energiekosten reduzieren - Wo beginnen?
Angenommen, Sie ärgern sich über die steigenden Energiekosten und möchten diese reduzieren. Wo würden Sie beginnen? Der eine oder andere wird im ersten Moment an eine Photovoltaik-Anlage oder einen Energieanbieterwechsel denken. Doch der auf lange Sicht entscheidende Schritt führt über die Energieeffizienz. Erst danach folgen Energieproduktion, Speicherung und intelligente Energieverteilung. Mit der Energieeffizienz ergeben sich für den Betrieb drei wesentliche Vorteile: Kosteneinsparung, steigende Energie-Unabhängigkeit sowie die Förderung der Nachhaltigkeit.
Effizienzgedanken stärken
Zugegeben: Die Steigerung der Energieeffizienz ist keine einfache Aufgabe. Sie erfordert mühsame Datenanalysen, Ausdauer sowie Innovationskraft. Bei genauer Betrachtung finden sich unzählige Energieeinsparungsmöglichkeiten auf den Betrieben - mit teils sehr beachtlichen Spareffekten. Insbesondere bei Neu- oder Ersatzinvestitionen ist dem Energieeffizienzgedanken mehr Bedeutung zu schenken als bisher. Ein Beispiel: Der Pasteur für die Joghurtproduktion kann mit Strom oder mit kostengünstigem Heißwasser aus der Biomasse-Heizung oder Solaranlage erhitzt werden. Daneben gibt es die Möglichkeit ein energieeffizientes Rührwerk sowie eine gute Wärmedämmung als Zusatzausstattung zu wählen. Das alles macht die Entscheidung nicht einfacher, aber effizienter.
Zukunft mitdenken
Energieeffizienzmaßnahmen dürfen nicht aus der Schrebergarten-Perspektive heraus betrachtet werden. Mehr Erfolg verspricht ein zukunftsoffener Rundumblick aus der Vogelperspektive. Der Markt für Energieeffizienzinnovationen entwickelt sich rasant. Digitalisierung und Elektrifizierung in der Landtechnik gestalten Produktionsabläufe künftig noch effizienter. Erste Prototypen von Elektrotraktoren sind bereits auf den Feldern im Einsatz. Smart Farming und Drohnen bringen neue Energieeffizienzgewinne bei der Kulturführung. Das heißt, die Grenzen zwischen Energie- und Ressourceneffizienz verschwimmen zunehmend. Die moderne Landwirtschaft ist energie- und ressourceneffizient. Erneuerbare Energie und neue Agrartechnologien versprechen erstmals Chancen auf eine echte Energie-Unabhängigkeit am Betrieb.
Energiesparpotentiale am Bauernhof im Überblick
- Heizwärmebedarf: Raumwärme und Warmwasser sind die größten Energieverbraucher in der Landwirtschaft. Die Kosten für die Wärmeenergie sind in der Regel aber geringer als Stromkosten. Daher ist es sinnvoll Elektroheizungen, welche vor allem in der Schweinehaltung zum Einsatz kommen, gegen warmwassergeführte Heizungen auszutauschen. Ebenso lässt sich durch regelmäßige Überprüfung und Wartung von Zu- und Ablufteinrichtungen sowie des Regelgerätes in Stallungen Energie einsparen. Weitere Einsparungsmöglichkeit bietet die Wärmerückgewinnung. Insgesamt lassen sich in diesem Bereich bis zu 50% sparen.
- Beleuchtung: Effiziente Lampen senken den Stromverbrauch spürbar. Welche Art der Beleuchtung am besten für Gebäude geeignet ist, hängt sehr von den Anforderungen ab. Betriebe mit hohem Beleuchtungsbedarf, wie Geflügelhalter oder Direktvermarkter, können mit LED-Lichttechnik beträchtliche Einsparungen erzielen. Der Energieverbrauch einer LED-Lampe ist bei gleicher Helligkeit fünfmal niedriger als der einer Glühbirne. Auch im Gesamtkostenvergleich zeigt sich ein deutliches Bild: Beispielsweise sind im Milchviehstall LED-Lampen über die gesamte Lebensdauer um rund 50% günstiger als Leuchtstofflampen.
- Lüftung: Die Lüftungsanlage ist ein zentraler Bestandteil in der Schweine- und Geflügelhaltung. Aufgrund zunehmender Hitzetage kommt sie auch immer öfter bei Milchviehbetrieben zum Einsatz. Sie versorgt die Tiere mit Frischluft. Ineffiziente Anlagen verschlingen rund zehnmal mehr Energie als energetisch optimierte. Auch bei bestehenden Anlagen kann durch Optimierungsmaßnahmen, wie dem nachträglichen Einbau von Energiesparventilatoren oder Frequenzumrichtern, bis zu 60% des Stromverbrauchs eingespart werden. Ebenso reduziert eine regelmäßige Pflege und Wartung die Kosten.
- Eigenstromversorgung: Bauernhöfe sind wie dafür geschaffen Stromverbräuche, die nicht durch Effizienzmaßnahmen eingespart werden können, selbst zu produzieren und zu speichern. Mittlerweile ist der selbsterzeugte Photovoltaik-Strom vom eigenen Dach preiswerter als jener vom Energieversorger. Vor allem bei Betrieben mit Lüftungssystemen und Kühlaggregaten lohnt sich der Photovoltaik-Einsatz. In Kombination mit einem Batteriespeicher kann der eigene Strom sogar dann genutzt werden, wenn die Sonne nicht scheint. Auch die Notstromversorgung in Stallungen kann mit dem Speicher sichergestellt werden.
- Strombedarf: Strom ist ein wesentlicher Kostenfaktor in der Landwirtschaft. Der Strombedarf hängt jedoch maßgeblich vom Betriebszweig, der Größe sowie vom Produktionsverfahren ab. Trotz dieser Unterschiede sind Ventilatoren, Pumpen, Fütterungstechnik, und Beleuchtung meist die größten Stromverbraucher und bieten Potenzial für große Einsparungen. Um diese Reserven zu nutzen, muss zunächst individuell erhoben werden, wo und wieviel Energie überhaupt am Betrieb verbraucht wird. Danach können gezielt Verbesserungsschritte gesetzt werden, um den Stromverbrauch nach und nach zu senken.
- Thermische Sanierung: Durch eine gute Wärmedämmung und sorgfältige Bauausführung werden Wärmeverluste im Winter geringgehalten und schützen während der Sommermonate vor Überhitzung. Im Wohngebäude hat die Dämmung der obersten Geschoßdecke den besten Kosten-Nutzen-Faktor. Die Energieeinsparung liegt meist zwischen 15 und 20%. Im Stall wirkt sich die Dämmung auf das Stallklima aus, welches wiederum entscheidend Einfluss auf Tiergesundheit und tierische Leistung hat. Auch die Haltbarkeit und Qualität bei der Lagerung landwirtschaftlicher¬ Erzeugnisse hängt von der Temperatur ab.
- Heizungsoptimierung: Die richtige Einstellung des Heizsystems spart Energie. Es gibt beinahe keine Heizung, die nicht optimiert werden kann. Oft reichen schon einfache und kostengünstige Maßnahmen, wie der Einsatz von drehzahlgeregelten Heizungspumpen, eine optimale Regelung des Heizsystems, die Dämmung der Heizungsrohre oder das regelmäßige Entlüften der Heizkörper, um die Effizienz zu steigern und die Wirtschaftlichkeit zu verbessern. Auch die Anpassung der Raumtemperatur auf den tatsächlichen Bedarf ist eine wirkungsvolle Maßnahme. Ein Grad Temperaturabsenkung spart rund 6% an Heizkosten.
- E-Mobilität: E-Fahrzeuge eignen sich für mittlere Wegstrecken und hohe Kilometerleistung (beispielsweise die Lebensmittelzustellung, Arbeitshilfe im Wein- und Obstbau oder Tourismus). Mit PKWs, Mopeds, Quads und Hofladern gibt es bereits eine breite Palette an E-Fahrzeugen für den Bauernhof. In Zukunft werden auch E-Traktoren und E-LKWs im Einsatz sein. Im Vergleich zeigt sich, dass E-Fahrzeuge um bis zu 75% weniger Energie benötigen, als die fossilen Alternativen. Die Treibstoffkosten lassen sie vor allem durch die Nutzung von eigens produziertem Photovoltaik-Strom deutlich senken.
- Kühlen: Kälte wird in der Landwirtschaft zur Milch- und Schweinestallkühlung, im Obst- und Weinbau sowie in der Direktvermarktung benötigt. Vor allem in den Sommermonaten steigen die Stromkosten für die Kühlung um ein Vielfaches an. Mit effizienter Kühltechnik und energiebewusstem Benutzerverhalten lassen sich hier 30% einsparen. Auch der Standort der Kühlräume und -geräte sowie der Kompressoren ist entscheidend für die Effizienz. Je kühler die Umgebungstemperatur der Geräte, desto niedriger ist der Energiebedarf. Beschattung durch Gebäude oder Bewuchs sollte diesbezüglich ausgenutzt werden.
- Treibstoffverbrauch: Ein wesentlicher Teil des Energiebedarfs der Landwirtschaft wird mit Treibstoff gedeckt. Vor allem in der Außenwirtschaft ist der Bedarf hoch. Durch Anpassungen des Reifendrucks und der Ballastierung des Traktors sowie der Arbeitstiefe bei der Bodenbearbeitung lässt sich der Verbrauch um bis zu 20% reduzieren. Um den Produktionsablauf weiter zu optimieren, werden in Zukunft verstärkt sensorgestützte Technologien zur Bewirtschaftung von landwirtschaftlichen Nutzflächen eingesetzt. Durch dieses "Precision Farming" reduzieren sich der Treibstoffbedarf und der Düngeeinsatz spürbar.