Bäume auf Wiesen und Äckern: Regeln ändern
"Bäume auf Wiesen und
Äckern gab es schon immer",
weiß Zeno Piatti-Fünfkirchen,
Vizepräsident der Land&Forst
Betriebe Österreich und Ackerbauer
bzw. Forstwirt im Weinviertel.
Und er ergänzt: "Doch
sie wurden in den letzten Jahrzehnten
weniger." Und tatsächlich,
Streuobstwiesen wurden
aufgegeben, Hecken und Bäume
auf unrentablen Kleinflächen
oder an Fluss- und Bachbiegungen
fielen meist der
Kommassierung zum Opfer.
Mit der von ihm ins Leben
gerufenen Arbeitsgemeinschaft
Agroforst will Piatti daher einen
Kontrapunkt setzen: "Die
Arbeit der Land- und Forstwirte
steht immer mehr im Fokus öffentlicher
Beobachtung. Vor allem
ihr Umgang mit Natur und
Umwelt, der ja die Basis für die
Lebensqualität künftiger Generationen
bildet, interessiert die
Gesellschaft. Wir wollen daher
dort, wo es machbar ist, wieder
mehr Bäume und Gehölze
in die Landwirtschaft integrieren."
Was er sich davon erwartet?
Piatti: "Ganz einfach, wir
erwarten uns positive Effekte:
Diese sind nicht nur ökonomischer
Natur, entstanden aus
Klimaanpassung, Ertragsdiversifizierung
und Steigerung der
Flächenproduktivität, sondern
haben durch die Schaffung von
Biotopen, die Speicherung von
Kohlenstoff und den Bodenschutz
auch ökologische Vorteile.
Doch die bei uns vorherrschende
ganz scharfe Trennung
zwischen Wald einerseits und
Acker bzw. Grünland andererseits
bremst die Landbewirtschafter
dabei, diese positiven
Effekte auch zu verwirklichen.
Und das soll sich ändern." Warum?
"Weil Land- und Forstwirte
aktiv daran mitwirken wollen,
Klimawandel, Biodiversitätsverlust
oder Ressourcenverbrauch
zu bremsen. Dass sie
das können, hat sogar die Europäische
Kommission kürzlich
in der Biodiversitäts- bzw. der
Farm2Fork-Strategie hervorgehoben."
Rechtssicherheit für Bauern
Piatti bringt es auf den Punkt:
"Wir wollen die Vielfalt zurückbringen,
aber nicht auf Kosten
der Landwirtschaft." Konkret
verlangt er daher eine rechtliche
Absicherung, dass Baumstreifen
auf landwirtschaftlicher
Nutzfläche nicht zu Waldflächen
umgewidmet werden.
Und er fordert eine Förderabwicklung,
die einer komplexen
Kulturführung, wie z. B. durch
Agroforst, keine zusätzlichen
Hürden auferlegt. Das heißt,
dass mit Baumreihen veredelte
Acker- bzw. Grünlandflächen
auch weiterhin direktzahlungs-,
ÖPUL- und AZ-fähig
sein sollen. "Erst wenn ein
Landwirt diese Rechtssicherheit
hat, dass aus seiner landwirtschaftlichen
Nutzfläche
dann kein Wald wird, wird er
sich aktiv engagieren“, erwartet
Piatti und deponiert an die
Adressen EU und Bundesregierung
einen Wunsch: "Es wäre
in unserem Sinn, wenn in der
künftigen EU-Agrarpolitik Agroforst
einen breiteren Raum
einnehmen könnte. Die GAP
soll ja grüner werden. Ein aktiver
Teil dieser grünen Architektur
könnte jedenfalls der Agroforst
sein." Und er schränkt
noch einmal ein: "Das funktioniert
nur, wenn die Landwirte
sicher sein können, dass sie
ihre Agrarflächen und somit
auch die GAP-Zahlungen nicht
verlieren."
Erst dann rechnet Piatti mit
einer Umsetzung auf breiter
Basis. "Natürlich gibt es auch
Bewirtschaftungskonflikte.
Man muss bei all diesen Maßnahmen,
sei es die Anlage von
Nuss- oder Obstbäumen, um
auch eine Zweitnutzung zu ermöglichen,
oder sei es die Anlage
von Kurzumtriebsflächen
für Hackschnitzel, die Gesetzmäßigkeiten
der Landwirtschaft
beachten. Aber im optimalen
Zustand ist Agroforst ein
rentables System. Auf dem Weg
dorthin müssen wir noch vieles
probieren", weiß Piatti und
drängt deshalb auf eine rasche
Lösung der Rechtsfragen.
Die Zusammensetzung der
Arge Agroforst zeigt, wie breit
angelegt Piatti diese Initiative
hat: "Unsere Gruppe besteht
aus Land- und Forstwirten und
aus Vertretern der Bereiche
Wissenschaft, Beratung und
Interessenvertretung." Er will
deshalb diese Themen "in Zusammenarbeit
mit sämtlichen
Stakeholdern aufarbeiten und
im Sinne der Gesellschaft die
Forst- und die Landwirtschaft
miteinander enger verbinden".