Brüssel: Pläne zur Reform der Tiertransporte liegen vor
Die EU-Kommission hat am vergangenen Donnerstag, 7. Dezember, die in der Agenda für nachhaltige Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung des europäischen Green Deals angekündigte Reform der Vorschriften zum Schutz von Tieren beim Transport vorgestellt. Damit soll das Wohlergehen von 1,6 Mrd. Tieren verbessert werden, die jedes Jahr in der EU und über EU-Grenzen hinweg transportiert werden. Die Pläne basieren auf neuesten wissenschaftlichen Daten und Erkenntnissen und sind auf die aktuellen technologischen Entwicklungen abgestimmt. Copa-Cogeca haben dazu einige Bedenken deponiert.
Der Kommissionsvorschlag konzentriert sich auf mehrere Schlüsselbereiche:
- So sollen die Beförderungszeiten verkürzt, und bei langen Transporten die Tiere für Ruhe-, Fütterungs- und Tränkpausen verpflichtend entladen werden müssen. Für Schlachttiere sowie für gefährdete Tiere wie nicht abgesetzte Kälber und trächtige Tiere gelten besondere Vorschriften.
- Die Vorgaben für das Raumangebot, das jedem Tier zur Verfügung stehen muss, werden im Sinne der Tiere verbessert und stärker auf die verschiedenen Tierarten abgestimmt.
- Es werden strenge Auflagen für Transporte bei extremen Temperaturen eingeführt. Wenn die Temperatur beispielsweise 30 °C übersteigt, dürfen Transporte nur nachts erfolgen. Liegt die Temperatur unter 0 °C, müssen Straßenfahrzeuge abgedeckt werden, und die Luftzirkulation im Tierabteil muss so gesteuert werden, dass die Tiere während des Transports vor Luftzug geschützt sind. Wenn die Temperatur unter -5 °C sinkt, gilt zusätzlich die Vorgabe, dass die Transportzeit 9 Stunden nicht überschreiten darf
- Die Vorschriften für die Ausfuhr lebender Tiere aus der Union werden verschärft, einschließlich besserer Kontrollen in Drittländern, um die Anwendung von Standards sicherzustellen, die mit denjenigen in der EU vergleichbar sind.
- Und schließlich sollen digitale Instrumente optimal genutzt werden, um die Durchsetzung der Transportvorschriften zu unterstützen (z.B. Echtzeit-Ortung von Fahrzeugen; zentrale Datenbank).
Copa-Cogeca: Verbesserungsbedarf, um Störungen und Diskriminierungen zu vermeiden
Für die Landwirte und Agrargenossenschaften in der EU enthält der Vorschlag zwar einige technische Verbesserungen, kritisiert wird jedoch, dass diese durch eng gefasste restriktive Vorschriften untergraben werden, die weit von den praktischen Erfahrungen entfernt sind, dem Tierschutz zuwiderlaufen und einige Mitgliedstaaten diskriminieren.
Die Hauptbedenken betreffen folgende Punkte:
- Das Mindestalter für den Transport von Jungtieren über 100 km hinaus: Eine Anhebung des Mindestalters für den Transport von Kälbern auf fünf Wochen (im Vergleich zu 14 Tagen in der derzeitigen Verordnung) bzw. drei Wochen für Ferkel, Lämmer und Ziegenkitze würde für viele Betriebe das Aus bedeuten. Die Milchviehbetriebe müssten ihre Strukturen komplett umbauen und renovieren, was für viele nicht machbar wäre. Dies ist mit zahlreichen Kosten verbunden, wie z.B.: zusätzliche Finanzierung, zusätzlicher Flächenbedarf, Güllemanagement und Umweltgenehmigungen.
- Die Begrenzung der Fahrtzeit zur Schlachtung auf neun Stunden würde bedeuten, dass die Landwirte in einigen Mitgliedstaaten sofort den Zugang zu vielen Schlachthöfen verlieren würden. Dies sei sehr bedenklich, da in der EU bereits ein Konzentrationsprozess bei den Schlachthöfen stattfinde. Es würde den Prozess der Entvölkerung ländlicher Gebiete weiter beschleunigen.
- Ebenso würde die Begrenzung der Fahrtzeit auf der Straße für andere Zwecke als die Schlachtung die Versorgungsketten unterbrechen, die in vielen Mitgliedstaaten über Jahre hinweg aufgebaut wurden. Sie würde Mitgliedstaaten mit größeren Entfernungen, unzureichender Infrastruktur oder Bergregionen diskriminieren.
- Bedenken hinsichtlich des potenziell diskriminierenden Charakters dieser Reform sehen Copa-Cogeca auch bei den Reisebeschränkungen auf der Grundlage von Höchst- und Mindesttemperaturen. “Das Erfordernis der Nachtfahrt im Falle einer Temperaturvorhersage von mehr als 30ºC ist sowohl aus Sicht des Tierschutzes (alle in den Geltungsbereich fallenden Tierarten sind tagaktiv) als auch aus sozialer Sicht (Verfügbarkeit und Flexibilität von Arbeitskräften) störend und würde die Transporte im Sommer, insbesondere im Süden, benachteiligen“, heißt es in der Stellungnahme weiter.
- Die neuen Vorschriften über den Platzbedarf und die Mindesthöhe würden die Zahl der Tiere, die auf einen Lkw verladen werden können, im Vergleich zur derzeitigen Norm verringern. Die Vergrößerung der Leerräume zwischen den Tieren könnte zu Verletzungen bei der Bewegung des Fahrzeugs und zu Problemen mit der Verkehrssicherheit führen, geben Copa-Cogeca zu bedenken. Die Vervielfachung der Zahl der Lkw auf der Straße, um die geringere Ladung auszugleichen, hätte zudem erhebliche Auswirkungen auf die Kohlenstoffemissionen und den Arbeitskräftebedarf. Auch die vorgeschlagenen Übergangsfristen seien aus praktischer Sicht zu kurz, um eine wirksame Einführung zu gewährleisten, und mit den Investitionskapazitäten der Betreiber nicht vereinbar.
“Wir fordern das EU-Parlament und den Rat auf, diese problematischen Punkte zu prüfen und die notwendigen Anpassungen vorzunehmen, um den Vorschlag weiter zu verbessern und ihn umsetzbar, nicht diskriminierend und wissenschaftlich fundiert zu gestalten“, heißt es abschließend.