Kommentar LK-Präsident Franz Waldenberger
Der im Frühsommer vorgelegte
EU-Vorschlag zur Zulassung neuer
genomischer Verfahren (NGT) lässt
viele offene Fragen unbeantwortet.
Es besteht ein wissenschaftlicher
Konsens, dass neue genomische
Verfahren den Züchtungsfortschritt
wesentlich beschleunigen und
insbesondere auch raschere Lösungen für pflanzenbauliche
Herausforderungen in den Bereichen Klimawandelanpassung,
Pflanzenschutzmittelreduktion, Nährstoffeffzienz, Lebensmittelqualität
usw. bieten können. Zudem ermöglichen
die neuen genomischen Verfahren, dass auch klein- und mittelständische
Saatzuchtunternehmen weiterhin am Züchtungsfortschritt
adäquat teilnehmen können und so wirtschaftlich
wettbewerbsfähig bleiben. Das ist vor allem für
die oberösterreichische Landwirtschaft von zentraler Bedeutung,
da für uns gerade in der Saatgutvermehrung eine erhebliche
agrarische Wertschöpfung – auch für den Export –
erwirtschaftet wird. Leider ist die EU mit ihrem Vorschlag zur
Anwendung neuer genomischer Verfahren offenbar auf halber
Strecke zum Stehen gekommen. Der vorliegende EU-Vorschlag
lässt vor allem Fragen der Koexistenz – insbesondere
mit dem Biolandbau – unbeantwortet. Diese ist speziell für
die österreichische Landwirtschaft mit ihrer kleinbäuerlichen
Struktur von zentraler Bedeutung. Völlig unverändert
soll zudem das bestehende Patentrecht bleiben. In der EU
gelten derzeit bewährte Regelungen des Sortenschutzes, die
nicht die gesamte Pflanze im Sinne des Patentrechtes, sondern
nur bestimmte züchterische Veränderungen schützen.
Das geltende Züchterprivileg regelt zudem, dass durch den
Sortenschutz geschützte Sorten uneingeschränkt und ohne
weitere Zustimmung des Züchters als Ausgangsmaterial für
weitere Züchtungen herangezogen werden können. Würde
man mit neuen genomischen Verfahren gezüchtete Sorten
nun dem Patentschutz unterziehen, so würden Saatgutzüchter
und in der Folge auch die Landwirtschaft mit erheblichen
Zusatzkosten belastet und so wohl auch das Landwirte-Privileg
(Verwendung von Nachbausaatgut) in Frage gestellt.
Auch wenn die grundsätzliche Stoßrichtung der EU-Kommission
positiv einzustufen ist, erweist sich der vorliegende
EU-Vorschlag zur Anwendung der neuen genomischen Verfahren
als in der Praxis nicht machbar und muss daher in
dieser Form strikt abgelehnt werden.