Das Bodenmikrobiom in der Landwirtschaft
Dieses Projekt wird im Rahmen des Ressortforschungsprogramms über dafne.at (= zur nachhaltigen Datenbank für Forschung zur Nachhaltigen Entwicklung; ist eine Forschungsplattform zur Abwicklung und Erfassung von Projekten und Informationsweitergabe) mit Mitteln des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML) finanziert. Wissenschafterinnen und Wissenschafter vom Umweltbundesamt und dem Center for Health and Bioresources des AIT-Austrian Institute of Technology erforschen gemeinsam mit Landwirtinnen und Landwirten sowie den Landwirtschaftskammern aus OÖ und NÖ die Bedeutung der Pilze und Bakterien im Boden bei der Vermeidung von Trockenstresssymptomen und erarbeiten Lehrunterlagen und Informationsbroschüren.
Einleitung
Der Boden stellt eine Vielzahl sogenannter Ökosystemleistungen bereit, die für das Wohlbefinden der Menschheit von außerordentlicher Bedeutung sind, wie z.B. die Speicherung und Reinigung von Wasser oder die Speicherung von Kohlenstoff. Landwirtschaftlichen Böden kommt hier eine ganz besondere Rolle zu, da sie die Nahrungsmittelversorgung sicherstellen. Im 19. Jahrhundert konnten Forscher erstmals zeigen, dass Bakterien für wichtige Schritte im Stickstoffzyklus wie Stickstofffixierung oder Nitrifizierung verantwortlich sind. Zahllose Arbeiten konnten seither unser Bild von der Bedeutung der Mikroorganismen im Boden - dem Bodenmikrobiom - erweitern (siehe Abbildung 1). Ohne Pilze, Bakterien und Archaeen (einzellige Mikroben) kämen alle Nährstoffzyklen und damit auch das Leben auf der Erde zu einem Stillstand. Die enorme Artenvielfalt der Mikroorganismen bringt es jedoch mit sich, dass wir noch immer nicht deren gesamtes Potenzial erfassen können.

In den letzten Jahren widmete sich die Forschung weltweit vermehrt der Frage, wie Mikroorganismen Pflanzen bei der Vermeidung von Stress unterstützen können. Der Klimawandel führt zu einer starken Veränderung im Wasserhaushalt der Böden. Hitze- und Trockenperioden werden häufiger und der Niederschlag kommt unregelmäßiger. Anpassungsstrategien sind daher dringend notwendig, um auch in Zukunft gute Ernten zu garantieren. Eine wichtige Maßnahme zur Erhaltung gesunder Böden ist der Aufbau an organischer Substanz. In weiten Teilen der österreichischen Agrarregionen gehören daher Zwischenbegrünungen mittlerweile zur Routine, um Nährstoffverluste und Erosion zu minimieren und um einen Beitrag zur Kohlenstoffspeicherung im Boden zu leisten. Die Zwischenbegrünung fördert überdies das Bodenmikrobiom, das auch nach der Ernte der Hauptfrucht über Wurzelausscheidungen der Zwischenfrucht und abgestorbenes Pflanzenmaterial wichtige Nährstoffe zur Verfügung gestellt bekommt.
Bodenmikrobiome und wichtige Ökosystemleistungen
Für das Pilotprojekt (DaFNEplus Antrag Nr. 101549) wurden in Zusammenarbeit mit den Landwirtschaftskammern von Ober- und Niederösterreich repräsentative Maisanbauflächen ausgewählt, um die Effekte von Zwischenbegrünungen sowie stark reduzierter mikrobieller Diversität auf die Resilienz von Mais gegenüber Trockenstress zu untersuchen. Auf den vier ausgewählten Äckern wurde jeweils ein Teil der Flächen nach der Ernte im Jahr 2021 unbebaut (brach) belassen, während auf dem Rest der Flächen standortübliche Zwischenfruchtmischungen angebaut wurden (vgl. Abbildung 2). Alle Teilflächen wurden im Jahr 2022 vor der Aussaat der Hauptfrucht sowie während der Maisentwicklung beprobt, um die Bodenchemie und das Bodenmikrobiom zu untersuchen. Die Analysen zu den Pilzen, Bakterien und Archaeen laufen noch, jedoch erwarten wir in naher Zukunft Ergebnisse.
Die Versuchsfläche in Rafing (NÖ) wurde für einen Glashausversuch ausgewählt. Dazu wurde aus den beiden Varianten mit und ohne Zwischenfruchtanbau noch vor der Aussaat der Hauptkultur - Mais - Boden entnommen. Bodenuntersuchungen haben ergeben, dass durch die Zwischenbegrünung der Gehalt an labilem Kohlenstoff im Boden um über 8% gestiegen ist. Effekte landwirtschaftlicher Maßnahmen machen sich oftmals zuerst in den Gehalten an labilem Kohlenstoff bemerkbar, bevor Veränderungen im Humusgehalt zu beobachten sind (Tatzber et al. 2015). Ebenso steigt auf der Versuchsfläche in Rafing durch die Zwischenbegrünung der Gehalt an pflanzenverfügbarem Phosphat. Die pflanzenverfügbaren Gehalte an Spurenelementen wie Eisen, Mangan und Kupfer sinken hingegen. Es wird angenommen, dass es während der Vegetation der Hauptkultur zu einer Remobilisierung dieser Spurenelemente kommt. Hier braucht es jedoch weiterführende Untersuchungen.
Glashausversuch im Pilotprojekt
Für den Glashausversuch wurde ein Teil des Bodens mit γ-Strahlen behandelt, um die bodenbürtige Biodiversität noch weiter zu reduzieren. Gammastrahlung (= y-Strahlung) ist eine durchdringende elektromagnetische Strahlung; sie entsteht, wenn sich nach einem spontanen Zerfall von radioaktiven Atomkernen dieser in einen energetisch günstigeren/stabileren Zustand umwandelt. Im Glashaus wurde auf allen Varianten Mais in Töpfen angebaut und dieser zum Teil einem Trockenstress ausgesetzt. Von diesem Versuch sind erste wichtige Ergebnisse nun bereits verfügbar. DNA-Analysen konnten zeigen, dass durch die γ-Bestrahlung ein Großteil der bodenbürtigen Mikroorganismen abgetötet wird. Nach einiger Zeit kommt es jedoch zu einem Wiederaufbau des Bodenmikrobioms, da aus der Umwelt permanent Mikroorganismen eingebracht werden: Über Bakterien und Pilze, die dem Saatgut anhaften, im Gießwasser enthalten sind und aus der Luft auf den Boden sedimentieren. Die Auswertung der Daten aus der Hochdurchsatzsequenzierung wird zeigen, wie stark sich die Bodenmikrobiome in den verschiedenen Varianten unterscheiden.
Nach elf Wochen Wachstum im Glashaus wurden die Maispflanzen geerntet und die oberirdische sowie die unterirdische Biomasse bestimmt. Die Zwischenbegrünungsvarianten aus dem Vorversuch im Feld haben keinen Einfluss auf die Biomasse, wohingegen erwartungsgemäß die Trockenstressperioden (TS) zu einem kümmerlichen Wachstum und einer deutlichen Reduktion der Biomasse geführt haben, wie in Abbildung 3 zu sehen ist. Auf den γ-bestrahlten Böden konnten sich die Maispflanzen anfangs normal entwickeln, nach ca. sechs Wochen begannen sich jedoch erste Stresssymptome zu entwickeln, sodass zu Versuchsende nach elf Wochen eine ähnlich starke Biomassereduktion wie nach Trockenstress zu beobachten war - selbst bei ausreichender Bewässerung (siehe Variante "steril" ganz rechts in Abbildung 3). Eine teilweise Wiederherstellung des Bodenmikrobioms durch Mischung des bestrahlten mit dem unbehandelten Boden erlaubte den Maispflanzen bei ausreichender Bewässerung eine normale Entwicklung.
Nach elf Wochen Wachstum im Glashaus wurden die Maispflanzen geerntet und die oberirdische sowie die unterirdische Biomasse bestimmt. Die Zwischenbegrünungsvarianten aus dem Vorversuch im Feld haben keinen Einfluss auf die Biomasse, wohingegen erwartungsgemäß die Trockenstressperioden (TS) zu einem kümmerlichen Wachstum und einer deutlichen Reduktion der Biomasse geführt haben, wie in Abbildung 3 zu sehen ist. Auf den γ-bestrahlten Böden konnten sich die Maispflanzen anfangs normal entwickeln, nach ca. sechs Wochen begannen sich jedoch erste Stresssymptome zu entwickeln, sodass zu Versuchsende nach elf Wochen eine ähnlich starke Biomassereduktion wie nach Trockenstress zu beobachten war - selbst bei ausreichender Bewässerung (siehe Variante "steril" ganz rechts in Abbildung 3). Eine teilweise Wiederherstellung des Bodenmikrobioms durch Mischung des bestrahlten mit dem unbehandelten Boden erlaubte den Maispflanzen bei ausreichender Bewässerung eine normale Entwicklung.

Wie von den Freilandflächen wurden auch von allen Glashausproben vor, während und nach dem Versuch Proben aus Boden, Rhizosphäre und Wurzel entnommen, um daraus DNA zu isolieren. Alle DNAs werden zurzeit mittels Hochdurchsatzsequenzierung untersucht, um die Zusammensetzung der Pilze, Bakterien und Archaeen zu bestimmen. In weiterer Folge kann dann festgestellt werden, wie die verschiedensten Umwelteinflüsse - Bodenbeschaffenheit, Zwischenbegrünung und Trockenstress - das Bodenmikrobiom verändern. Zusätzlich soll ersichtlich werden, welche Mikroorganismen sich nach der Bestrahlung in der sterilen Erde etablieren können. Die starken Stresssymptome bei den Maispflanzen auf γ-bestrahltem Boden lassen vermuten, dass wichtige Gruppen von Mikroorganismen, die für eine gesunde Pflanzenentwicklung notwendig sind, fehlen.
Schlussfolgerungen
Auf einer der vier Freilandflächen, wo es eine größere Anzahl genauerer Untersuchungen gibt, konnte gezeigt werden, dass bereits kurzfristige Maßnahmen zu einer Steigerung von labilem Kohlenstoff im Boden führen können. Im Glashausversuch wurde die Bedeutung des Bodenmikrobioms für eine gedeihliche Pflanzenentwicklung demonstriert. Auch wenn in der Praxis γ-Bestrahlung von Böden keine Bedeutung hat, so ist diese Behandlung eine willkommene Methode zur Manipulation des Bodenmikrobioms in Labor- und Glashausversuchen. Die chemisch-physikalischen Bodenparameter verändern sich kaum, während die bodenbürtigen Mikroorganismen beinahe vollständig abgetötet werden. Gezieltes Hinzufügen ausgewählter Gruppen von Bakterien, Archaeen oder Pilzen kann dabei helfen, die Bedeutung dieser Gruppen für die Pflanze besser zu erforschen. Mit diesem Wissen können in Zukunft landwirtschaftliche Maßnahmen schneller und besser bewertet werden.
Referenzen
Tatzber, M., Schlatter, N., Baumgarten, A., Dersch, G., Korner, R., Lehtinen, T., Unger, G., Mifek, E., Spiegel, H., 2015. KMnO4 determination of active carbon for laboratory routines: three long-term field experiments in Austria. Soil Research 53, 190-204.